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Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (links) im Gebäude des Bundesverfassungsgerichts.
© Uwe Anspach/dpa
Update

NPD-Verbotsverfahren: Richter stellen Verbotsbefürwortern harte Fragen

Im Verbotsverfahren müssen sich die Minister Herrmann und Caffier Aussagen des Verfassungsschutzes anhören, der in der NPD keine große Gefahr sieht. Sie haben Probleme, die Vorhalte zu entkräften.

Im NPD-Verbotsverfahren bleibt auch nach drei Tagen mündlicher Verhandlung unklar, wie das  Bundesverfassungsgericht entscheiden wird. Am Donnerstag gaben die Richter  bei der Anhörung führender NPD-Mitglieder zu erkennen, dass sie die Programme der Partei für menschenverachtend halten. Andererseits wurde wie schon am Mittwoch deutlich, dass der Zweite Senat die vom Bundesrat behauptete Gefahr für die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik bezweifelt. Vor allem Richter Peter Müller, ehemals Ministerpräsident des Saarlands und jetzt Berichterstatter des Senats im Verbotsverfahren, konfrontierte jetzt die Innenminister von Bayern und Mecklenburg-Vorpommern mit harten Fragen.

Müller hielt Joachim Herrmann (CSU) und Lorenz Caffier (CDU) Berichte von Verfassungsschutzbehörden vor, die den Niedergang der Partei beschreiben. „Desolate Situation“, „zunehmende Handlungsunfähigkeit“, „weitgehend inaktiv“, zitierte Müller aus den jährlichen Publikationen. Die Minister hatten Probleme, die Vorhalte zu entkräften. „Es ist nicht so, dass die NPD nicht mehr in Erscheinung treten würde“, sagte Herrmann und bescheinigte ihrer Propaganda eine „katastrophale Wirkung auf die Meinungsbildung in Teilen der Bevölkerung im Hinblick auf die Ausländerfeindlichkeit“. Von der Partei gehe eine „geistige Brandstiftung“ aus.

Caffier musste sich auch eine Passage aus dem Bericht seines eigenen Verfassungsschutzes anhören. Die NPD habe in Mecklenburg-Vorpommern an Anziehungskraft verloren, heißt es. Der Minister dementierte nicht, meinte aber, „wir müssen alles tun, um den Anfängen zu wehren“. Er verwies darauf, die NPD versuche Einfluss auf die Steuerung der „Pegida“-Bewegung zu nehmen. Mit einer Art Graswurzelpolitik bringe sie zudem ihr Gedankengut in Vereine und Nachbarschaften, indem sie bürgernahe Themen besetze. Weiter bemühe sich die Partei darum, mit eigenen kostenlosen Zeitungen Regionalzeitungen zu ersetzen. Behauptungen, die NPD sei keine ernstzunehmende Gefahr, teile er nicht.

Die Präsidentin des Schweriner Landtags, Sylvia Bretschneider (SPD), schilderte anschließend das Verhalten der NPD-Fraktion. Gegen die rechtsextremen Abgeordneten seien wegen der Vielzahl an Provokationen bislang 1090 Ordnungsmaßnahmen verhängt worden. Die NPD sitzt seit 2006 im Landtag. Fraktionschef Udo Pastörs habe Asylbewerber als "entartete Menschen" bezeichnet, erklärte Bretschneider. NPD-Anwalt Peter Richter bestritt die Äußerung. Pastörs habe vielmehr gesagt: "Wenn ich Polizisten bespucke, ist das entartet, das ist klar."

Die NPD-Leute winden sich

Der Senat nahm sich am Donnerstag auch Parteichef Frank Franz und weitere führende NPD-Leute vor. „Integration ist Völkermord“, „Ausgliederung aller Ausländer aus der Sozialversicherung“, waren einige der Sätze aus dem Parteiprogramm und weiteren Schriften, zu denen sich die Rechtsextremen äußern sollten. Franz und die anderen NPD-Leute wanden sich. „Bei allen Nicht-Staatsangehörigen ist zu prüfen, warum die hier sind“, sagte der Parteichef. Richter Müller entgegnete, Franz gehe „weiter als die NSDAP“, die Ausländer erst ausweisen wollte, wenn die deutsche Bevölkerung nicht mehr zu ernähren wäre. Franz erwiderte, „wir sagen nicht, nur weil jemand anders aussieht, muss er die Bundesrepublik verlassen“. Er wolle auch Flüchtlingen nicht „jeglichen Anspruch auf Nahrung absprechen“. Aber Ansprüche auf Sozialleistungen dürften sie keine stellen.

Die Aussagen zeugten von der „menschenverachtenden Ideologie“ der NPD, sagte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) dem Tagesspiegel. Henkel war wie weitere Innenminister nach Karlsruhe gekommen. Henkel betonte, die von der Partei ausgehende Gefahr „darf nicht kleingeredet werden“. Wann das Gericht über den Verbotsantrag des Bundesrates entscheidet, bleibt offen.

Der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel sitzt am 02.03.2016 in Karlsruhe bei der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über ein Verbot der rechtsextremen NPD im Gerichtssaal.
Der ehemalige NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel sitzt am 02.03.2016 in Karlsruhe bei der Fortsetzung der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über ein Verbot der rechtsextremen NPD im Gerichtssaal.
© dpa

Ex-Parteichef: NPD ist ein Popanz

Nach Darstellung ihres früheren Bundesvorsitzenden Holger Apfel ist die NPD ein „Popanz, der nicht ernst zu nehmen ist“. Ihre Schlagkraft sei in der Öffentlichkeit immer überschätzt worden, sagte Apfel in der Verhandlung. Die Partei inszeniere bewusst Tabubrüche, um eine größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Seine Versuche als Vorsitzender, die NPD zu modernisieren, seien zum Scheitern verurteilt gewesen, sagte Apfel. Teile der Partei befänden sich immer noch in der Gedankenwelt des Nationalsozialismus.

In der NPD ist nach Angaben von Apfel die NSU zum Teil verherrlicht worden. Er selbst habe sich eindeutig vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) distanziert, was aber zu Diskussionen geführt habe, sagte Apfel am Donnerstag im NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Einige in der Partei hätten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt heroisiert. Die beiden sollen als NSU-Mitglieder zehn Morde aus fremdenfeindlichen Motiven begangen haben. In Karlsruhe klagt der Bundesrat auf ein Verbot der rechtsradikalen NPD. Die Länderkammer sieht in der Partei eine Gefahr für die freiheitliche Grundordnung der Bundesrepublik.

Die mündliche Verhandlung in Karlsruhe war auf drei Tage bis Donnerstag angesetzt. Es ist bereits der zweite Anlauf der Politik, die NPD zu verbieten. 2003 war das erste NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe wegen V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei gescheitert. (mit dpa, epd, rtr)

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