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Bunter Protest. Die meisten der etwa 4000 Demonstranten hatten friedliche Absichten.
© dpa

G7-Poteste in Garmisch-Patenkirchen: Bunt, schrill – friedlich

Gerade mal knapp 4000 Demonstranten nehmen an den G-7-Protesten teil. Und anders als erwartet bleibt es bei den Protesten in Garmisch-Partenkirchen weitgehend ruhig. Ein Besuch.

Es ist ein Tag voller Überraschungen für Marlies T. aus München. Mit Freundinnen und Fahrrädern ist sie am Morgen am Hauptbahnhof in die Regionalbahn Richtung Garmisch-Partenkirchen gestiegen. „Überfüllte Züge, wie vorhergesagt“, sagt die 50-Jährige. „Aber stundenlange Polizeikontrollen? Kein Mensch war da! Nur die Polizisten.“ Entspannt ist die Gruppe vor Garmisch ausgestiegen und dann auf leeren Radwegen in die Stadt hinein gefahren.

Wo ist der befürchtete Tumult von den G-7-Gegnern in der Stadt am Fuße der Zugspitze? Krawalle, Ausschreitungen, brennende Autos? Bis zum frühen Abend jedenfalls ist all das vollkommen ausgeblieben. Schon am Vormittag war die A95 von München aus praktisch leer, bis auf ein paar Polizeiwagen. Es gab keine Staus an den Kontrollpunkten, die Reisenden wurden durchgewunken. Dabei warnte der Hörfunk von längeren Staus. Den Rat, die ansonsten am Wochenende von Touristen gestürmte Region zu meiden, haben offenkundig sehr viele befolgt.

Garmisch-Partenkirchen erscheint sehr leer an diesem Samstag. Die Frau im Tourismusbüro sagt lachend, die Nacht sei „außergewöhnlich ruhig“ gewesen, der gewöhnliche Trubel weitgehend ausgeblieben. Dafür prägen riesige Polizeiaufgebote das Stadtbild. Einheiten marschieren immer wieder von einem Ort zum anderen.

Die G-7-Demonstranten, und zwar eher jene aus dem linken, linksradikalen, autonomen Spektrum, sind durchaus in der Stadt. Grüppchen verteilen sich vor der Demo in den Straßen, viele im obligatorischen schwarzen T-Shirt mit schwarzen Shorts gekleidet. Einige gehen etwa zu einer Tankstelle, danach kommt jeder mit einem gelben Capri-Eis wieder heraus.

Keine 15.000, keine 10.000

Ihr Protestcamp, das am Abend zuvor mit 1000 Besuchern zu überfüllen drohte, wurde dann doch plötzlich auf die angrenzende Wiese ausgeweitet – obwohl die Behörden das zuvor kategorisch ausgeschlossen hatten. Im Laufe dieses Tages erscheinen sie aber mehr und mehr wie eine zusammengeschrumpelte, auch von der Hitze bei rund 30 Grad im Schatten geschwächte Gruppe. Nicht 15.000 sind gekommen, wie noch vor einer Woche geschätzt worden war. Nicht 10.000, wie man vor einigen Tagen angenommen hatte. Die Polizei spricht vielmehr von 1500 Gegnern, die Gruppe „Stop G 7“ nennt die Zahlen 4500 bis 5000.

Am Mittag geht der Tross los durch die Bahnhofsunterführung mit viel Getöse und Getrommel. „Revolution“ rufen die Leute von Punk bis K-Grüppler immer wieder. Oder: „Staat, Nation, Kapital – Scheiße!“ Die Polizisten, die mit massivem Aufgebot den Demonstrationszug begleiten, sind sichtbar nervös. Dicht an dicht sind sie aneinandergereiht, teils in schwarzen Uniformen mit Helmen und Schlagstöcken. Jeden Meter begleiten sie die Protestler.

Marlies T. und ihre Freundinnen aus München erleiden eine Art Kulturschock. Sie hatten sich überlegt, mitzumarschieren, wie sie es in der Landeshauptstadt getan hatten, zwei Tage zuvor am Fronleichnams-Feiertag. Gewaltige 35 000 Menschen zogen da fröhlich-friedlich durch die Stadt. Das war ein starkes politisches Statement an die Herrschenden von G 7: Dass viele Menschen deren Politik eben nicht für „alternativlos“ halten, wie es Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerne sagt. Dass man es ernst nehmen soll mit globalem fairen Wirtschaften, mit Klimaschutz. Bei den Demonstranten vermisst Frau T. aber erst einmal „elementare Umgangsformen“, etwa dass man sich nicht einfach als ganze Gruppe auf die Straße setzt.

Das größte Problem: die Hitze

Bei der Kundgebung auf dem Bahnhofsplatz müht sich die revolutionäre italienische Folkband „Desperado“ um kämpferische Stimmung. Doch die will sich bei der Hitze nicht so richtig einstellen. Der Protest ist friedlich, bunt und teils äußerst schrill.

Erst am späten Nachmittag gibt es kleinere Auseinandersetzungen. Beamte sollen mit Flaschen und Feuerlöschern angegriffen worden sein. Ein Polizist verletzt sich am Auge. Das Aktionsbündnis „Stop G7“ spricht von Attacken der Polizei und einer Festnahme.

Viele Demonstranten suchen aber lieber den Schatten, sitzen auf dem Asphalt der Gehwege, auf kleinen Rasenstücken, an den Fensterbänken eines China-Restaurants oder vor dem Kühle spendenden Eingang eines Mehrfamilienhauses. Es sollen einige gewaltbereite Autonome aus Italien, speziell aus Bologna, eingereist sein, wird kolportiert. Doch von ihnen merkt man nichts. Dafür treten Clownsgruppen auf, und es werden Meinungen vertreten, die man eigentlich nur schwerlich meinen kann. Ein Mann etwa trägt ein Plakat: „G7 to hell – I like Putin“. „Zur Hölle mit G7, ich mag Putin“. Die „Spartakisten“ wiederum sagen: „Die Krim ist russisch.“ Die linke griechische Syriza-Regierung ist ihnen viel zu gemäßigt, diese sei der „Klassenfeind der Arbeiter“.

Die anfangs massiv aufgetretene Polizei zieht sich später teilweise zurück. Absperrgitter am leeren Bahnhof und anderswo werden abgebaut. Klaus Fritzenmeier steht wie einige andere Kollegen an der Straße. Der Polizeibeamte aus Niedersachsen hat eine Weste an mit der Aufschrift „Konfliktmanager“. Am Nachmittag sagt er: „Bisher ist alles so friedlich, es besteht gar kein Bedarf, irgendwelche Konflikte zu regeln.“ Über den Kurznachrichtendienst Twitter lobt die Polizei: „3600 Teilnehmer demonstrieren auch mit Musik, Tanz und teils in Tracht. DAS ist fröhlicher G-7-Protest!“ Dagegen sei die Hitze für die Beamten und die Demonstranten „ganz klar ein Problem“.

Und so werden die Beamten zu richtigen Helfern. Sie raten den Demonstranten dringend, genügend Wasser zu trinken. Sie geben ihnen sogar die genauen Orte durch, wo Hydranten offen sind. Die bayerische Polizei, die vor Kurzem noch mehrere tausend gewaltbereite Chaoten befürchtet hatte, lobt am Nachmittag in einem Blog: „Wir freuen uns über den farbenfrohen G-7-Protest und wünschen uns, dass es so weiter geht.

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