Neonazis, Reichsbürger, Islamisten: Bundeswehr wies 63 Bewerber wegen Sicherheitsbedenken ab
Als Konsequenz aus rechtsextremistischen Vorfällen durchleuchtet der Militärische Abschirmdienst jeden Bewerber. Die meisten sind offenbar unauffällig.
Die Bundeswehr hat einem Medienbericht zufolge in den vergangenen beiden Jahren 63 Bewerber wegen Sicherheitsbedenken abgewiesen. Darunter seien 21 Neonazis und „Reichsbürger“, zwölf Islamisten, zwei Linksextremisten sowie mehrere Straftäter und „Gewaltbereite“ gewesen, berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Online Sonntag, Print Montag) unter Berufung auf eine Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage der Linksfraktion. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wandte sich gegen einen "Generalverdacht" bei Bundeswehrangehörigen.
Bei zwei weiteren Bewerbern werde derzeit eine Mitgliedschaft in der Identitären Bewegung geprüft, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird. In sechs Fällen habe sich der Verdacht auf „Ausländerextremismus“ erhärtet. Zwischen Juli 2017 und Juni 2019 kontrollierte der zuständige Militärische Abschirmdienst (MAD) dem Bericht zufolge insgesamt 43 775 Bewerber.
Sogenannte Reichsbürger erkennen den Staat und die deutschen Gesetze nicht an und weigern sich, Steuern, Sozialabgaben und Bußgelder zu zahlen.
Kramp-Karrenbauer: "Kein Generalverdacht"
Als Konsequenz aus rechtsextremistischen Vorfällen hatte das Verteidigungsministerium im Jahr 2017 den MAD eingeschaltet, der seither jeden Bewerber durchleuchtet. Die meisten waren den Angaben zufolge unauffällig. In 1173 Fällen hätten sich die Sicherheitsleute des Militärischen Abschirmdienstes die Bewerber jedoch genauer angeschaut.
Die Linken-Politikerin Ulla Jelpke äußerte die Vermutung, dass die Sicherheitsüberprüfung eine abschreckende Wirkung auf Neonazis habe. Zugleich kritisierte sie, dass schon länger dienende Soldaten von der Regelprüfung nicht betroffen seien. „Wie erfolgreich das neue Verfahren ist, wird sich erst in einigen Jahren erweisen. Messlatte ist dabei die Frage, ob die Zahl rechtsextremer Vorfälle oder gewalttätiger Kameraden-Misshandlungen in der Bundeswehr zurückgeht.“
Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", es gebe "keinen Generalverdacht gegen unsere Soldaten". Die Männer und Frauen der Bundeswehr setzten im Dienst "Leib und Leben aufs Spiel". Dafür hätten sie "unser Vertrauen und unsere Unterstützung verdient". Dennoch müsse man "genau hinschauen, wenn etwas kritisch aufgearbeitet werden muss". Die Soldaten hätten schließlich einen Anspruch darauf, "dass nicht einige wenige die gesamte Bundeswehr in Verruf bringen".
Kramp-Karrenbauers Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte der Bundeswehr ein "Haltungsproblem" bescheinigt, nachdem vor einigen Jahren Fälle von Rechtsextremismus unter Soldaten bekannt geworden waren. Später relativierte sie den Vorwurf. (dpa, AFP)