Angela Merkel in Saudi-Arabien: Bundeswehr soll saudisches Militär ausbilden
Die Bundeskanzlerin macht einen Tag Station in Saudi-Arabien. Das Land ist wichtig für die Lösung vieler Krisen. Doch Angela Merkel lässt das schwierige Thema Menschenrechte nicht aus.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Fortschritte bei Militärbeziehungen zwischen Deutschland und Saudi-Arabien, spricht die schlechte Menschenrechtslage in dem Land aber weiter offen an. Gerade was die Todesstrafe oder die Situation des inhaftierten Bloggers Raif Badawi oder vieler anderer anbelange, „werden wir natürlich auch an dem dicken Brett der Menschenrechte bohren“, sagte Merkel am Sonntag nach einem Treffen mit dem saudischen König Salman in der Hafenstadt Dschidda. Hier gebe es große Defizite.
Eine wichtige Botschaft vom Sonntag sei aber, dass Berlin und Riad wirtschaftlich gut zusammenarbeiten könnten, ohne dass die strikten deutschen Exportrichtlinien für Rüstungsgeschäfte dabei „stören“. Zuvor hatte der saudische Vize-Wirtschaftsminister, Mohammad al-Tuwaidschri, in einem „Spiegel“-Interview erklärt, sein Land werde der deutschen Regierung „keine Probleme mehr bereiten mit immer neuen Wünschen nach Waffen“. Merkel sagte: „Wir haben sehr strikte Exportrichtlinien für den Export von Waffen.“ Das habe in der Vergangenheit durchaus zu Unverständnis in Saudi-Arabien geführt.
Sie verwies auf das am Sonntag geschlossene Abkommen beider Verteidigungsministerien für die Ausbildung saudischer Militärkräfte in Deutschland. „Wir können nicht überall auf der Welt deutsche Soldaten haben, aber wir können sehr wohl unser Know-how weitergeben“, sagte sie. Deutschland unterstütze, dass Länder zunehmend selber „den Kampf auch durchführen können“.
Merkel dringt auf diplomatische Lösung für Jemen
Angesichts der saudischen Militärintervention im Bürgerkriegsland Jemen drang die Bundeskanzlerin dabei auf ein Ende der Luftangriffe. „Wir setzen auf den UN-geführten Prozess einer diplomatischen Lösung. Wir glauben nicht, dass es eine militärische Lösung dieses Konfliktes geben kann“, sagte Merkel. Es müsse verhindert werden, dass noch mehr Menschen im bitterarmen Jemen in eine „ausgesprochen schlechte humanitäre Situation“ kämen. Saudi-Arabien sei hier aber nicht der einzige Akteur, der Kompromisse eingehen müsse.
Eine arabische Militärkoalition unter Führung des sunnitischen Königreichs Saudi-Arabien bombardiert seit mehr als zwei Jahren Stellungen der schiitischen Huthi-Rebellen im Nachbarland. Diese Bombardements töteten auch immer wieder viele Zivilisten, so dass sogar der enge Verbündete USA im vergangenen Jahr forderte, die Luftangriffe einzustellen. Als Folge des Krieges im Jemen brauchen zwei Drittel der 27 Millionen Einwohner nach UN-Angaben dringend Hilfe.
Chancen für deutsche Wirtschaft
Angesichts des massiven Wirtschaftsumbaus in Saudi-Arabien sieht Merkel Chancen auch für die deutsche Wirtschaft. „Saudi-Arabien ist sehr daran interessiert, dass die deutsche Wirtschaft hier auch ihren Beitrag leistet“, sagte Merkel. Das Königreich stehe angesichts des Ölpreisverfalls vor der Aufgabe, neue Zukunftsperspektiven zu entwickeln. Deshalb seien seitens der deutschen Wirtschaft wichtige Abmachungen mit dem Königreich unterschrieben worden. So soll der Siemens-Konzern einer Absichtserklärung zufolge in Saudi-Arabien beim Vorantreiben des groß angelegten Wirtschaftsprogramms helfen.
Die „Vision 2030“ sei dabei laut Merkel aber nicht nur ökonomisch ausgerichtet, „sondern bedeutet auch - bei allen Schwierigkeiten - eine gewisse Öffnung der Gesellschaft und hier gerade auch mehr Rechte und Möglichkeiten für Frauen“. Dabei gehe es um einen höheren Anteil von weiblichen Beschäftigten und auch darum, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, sagte Merkel.
Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ will das autokratisch geführte Königreich künftig keine Waffenlieferungen aus Deutschland mehr beantragen. „Wir akzeptieren die deutsche Zurückhaltung, was Exporte nach Saudi-Arabien angeht, wir kennen die politischen Hintergründe“, sagte Vize-Wirtschaftsminister Al-Tuwaidschri.
Als Grund für die Entscheidung Riads nannte Al-Tuwaidschri im „Spiegel“ den Wunsch nach enger Kooperation mit Berlin. „Die Beziehungen zu Deutschland sind uns sehr viel wichtiger als der Streit um Waffenexporte.“ Man wolle die Bundesrepublik zu einem der wichtigsten Wirtschaftspartner überhaupt machen.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte derweil zunehmende Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. „Wir sehen einen negativen Trend“, sagte Nahost-Experte René Wildangel der Deutschen Presse-Agentur. (dpa)