Vor Merkel-Besuch: Saudi-Arabien will auf Waffen aus Deutschland verzichten
Unmittelbar vor dem Besuch von Kanzlerin Merkel hat Saudi-Arabien mitgeteilt, dass es die deutschen Vorbehalte gegen Waffendeals akzeptiere. Riad sei es wichtiger, die Wirtschaftsbeziehungen zu vertiefen.
Das autokratisch geführte Saudi-Arabien will nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ künftig keine Waffenlieferungen aus Deutschland mehr beantragen. „Wir akzeptieren die deutsche Zurückhaltung, was Exporte nach Saudi-Arabien angeht, wir kennen die politischen Hintergründe“, sagte Vize-Wirtschaftsminister Mohammad al Tuwaidschri vor dem Saudi-Arabien-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag. Man werde der deutschen Regierung keine Probleme mehr bereiten „mit immer neuen Wünschen nach Waffen“.
Rüstungsgeschäfte mit der ultrakonservativen Monarchie, deren Menschenrechtslage als verheerend gilt, sind in Deutschland schon seit vielen Jahren heftig umstritten. Saudische Anfragen für Panzer, Waffen und Kriegsgerät müssen von der Bundesregierung einzeln genehmigt werden. 2015 wurden 17 Einzelgenehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen erteilt. Die Aufträge waren 23,8 Millionen Euro wert.
„Wir werden bei Waffen-Deals nicht starrsinnig sein, wir werden nicht gegen die deutschen Vorbehalte anrennen“, sagte Al Tuwaidschri dem „Spiegel“ weiter. Als Grund für die Entscheidung Riads nannte er den Wunsch nach enger Kooperation mit Berlin. „Die Beziehungen zu Deutschland sind uns sehr viel wichtiger als der Streit um Waffenexporte.“ Man wolle die Bundesrepublik zu einem der wichtigsten Wirtschaftspartnern überhaupt machen.
Merkel trifft Mitglieder des Königshauses
Merkel traf am Mittag in der Hafenstadt Dschidda zu Gesprächen mit dem Königshaus über Terror-Bekämpfung und Kriege sowie Klimaschutz und Frauenrechte eingetroffen. Sie wird von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet. Zudem will sie mit König Salman und Kronprinz Mohammed bin Naif den Gipfel der 20 Industrie- und Schwellenländer im Juli in Hamburg vorbereiten, an dem auch Saudi-Arabien teilnimmt. Sie trifft sich aber auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien gilt wegen der Todesstrafe, öffentlichen Auspeitschungen, inhaftierter Journalisten und massiv eingeschränkter Frauenrechte als verheerend.
Die Wirtschaftsdelegation strebt Abkommen ab, die Handelshemmnisse zwischen beiden Staaten abbauen. Die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder sind nach deutschen Regierungsangaben „nicht glänzend“.
Amnesty International beklagt zunehmende Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. „Wir sehen einen negativen Trend“, sagte Nahost-Experte René Wildangel der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist mittlerweile so, dass sich fast alle Menschen in Saudi-Arabien, die sich für die Menschenrechte einsetzen oder kritisch äußern, im Gefängnis sitzen.“
Von Merkel erwartet die Menschenrechtsorganisation, dass sie bei ihrem Besuch die Situation von Aktivisten anspricht. „Ich halte das auch wegen der Kooperation Deutschlands mit Saudi-Arabien im Sicherheitsbereich und bei der Terrorismusbekämpfung für wichtig“, sagte Wildangel. „Menschenrechtler werden in Saudi-Arabien als Terroristen behandelt und beurteilt. Da erwarten wir, dass die Kanzlerin ganz klar widerspricht und sich für die Einzelfälle einsetzt.“
Nach Einschätzung von Amnesty hat sich auch die Situation von Frauen in Saudi-Arabien nicht verbessert. Außerdem gehöre das Land weiterhin zu den Ländern mit den meisten Hinrichtungen weltweit, sagte Wildangel. Im vergangenen Jahr seien es 154 gewesen. (dpa)