Medikament für Schwerkranke: Bundestag genehmigt Cannabis auf Rezept
Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen, denen keine andere Therapie hilft, können künftig auf Marihuana zurückgreifen. Das Parlament sprach sich einstimmig dafür aus.
Schwer kranken Menschen wird der Zugang zu Cannabis als Medikament erleichtert. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag einstimmig ein entsprechendes Gesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Demnach können schwer kranke Patienten künftig Cannabisarzneimittel auf Rezept in der Apotheke erhalten. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung.
Die Opposition lobt die Koalition für die Freigabe von Cannabis als Medizin auf Rezept. Der Gesetzentwurf lässt „wenig Spielraum zum Meckern“, sagte der Drogenexperte der Linken, Frank Tempel, am Donnerstag bei der abschließenden Beratung im Bundestag. „Chapeau, Frau Mortler!“, meint der Grünen-Experte Harald Terpe zur Drogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU). Schwächen des ursprünglichen Gesetzentwurfs seien im parlamentarischen Verfahren behoben worden. Cannabis wird etwa bei chronischen Schmerzen und Übelkeit bei Krebstherapien angewendet.
Die Kosten mussten die Patienten in der Regel selbst tragen
Die Gesundheitsstaatssekretärin Ingrid Fischbach (CDU) erläuterte, dass Schwerkranke etwa nicht austherapiert sein müssen, bevor ein Arzt Cannabis verschreibt. Der Arzt könne genau hinschauen und sagen, jetzt sei der Punkt erreicht. Cannabis kommt bisher nur mit einer Ausnahmegenehmigung als Heilmittel zum Einsatz, etwa um Schmerzpatienten zu helfen. Im April 2016 hatten nur 647 Patienten eine solche Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die sie zum Erwerb von Cannabis als Medikament in Apotheken berechtigte. Die Kosten mussten die Patienten in der Regel selbst tragen.
Eine Ausnahmeerlaubnis ist durch das neue Gesetz nicht mehr nötig: Künftig können Patienten getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung hin erhalten. Weiterhin können - wie bisher - Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis verschrieben werden. Für die Versicherten wird zudem ein Anspruch auf Versorgung mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon geschaffen. Die Regelungen beschränken sich laut Gesetz auf „eng begrenzte Ausnahmefälle“, dazu zählen Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen und ohne Therapiealternativen.
Aufbau einer staatlichen Cannabisagentur
Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht. Geplant ist dazu der Aufbau einer staatlichen Cannabisagentur, die den Anbau und Vertrieb koordiniert und kontrolliert. Diese Aufgabe wird dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte übertragen.
Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabisarzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen. Die Teilnahme an der Studie ist verpflichtend für die Erstattung der Kosten durch die Gesetzliche Krankenversicherung. (dpa, epd)