Auszeit bei den Koalitionsgesprächen: Streitpunkt Drogenpolitik in Berlin
Soll Berlin künftig im Rahmen eines Modellprojekts reguliert Cannabis an Erwachsene abgeben? Darüber gibt es gerade Streit zwischen SPD und Linken.
Als sich die große Runde der rot-rot-grünen Koalitionsverhandler nach einer Woche Ferien vergangenen Montag traf und über den Themenkomplex Gesundheit sprach, wurden sich die Koalitionäre in spe in Sachen Drogenpolitik nicht einig. Die BZ berichtete am Sonntag, die Koalitionsverhandlungen hätten insgesamt vor dem Scheitern gestanden. Damit habe Udo Wolf, Fraktionschef der Linken, gedroht, und auch Michael Müller habe ein Ende der Verhandlungen in Kauf genommen.
Anlass sei die Uneinigkeit darüber gewesen, ob der Anbau von geringen Mengen Cannabis für den eigenen Bedarf künftig faktisch straffrei sein solle.
Der Knackpunkt war nach Tagesspiegel-Informationen, ob Berlin ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt zur regulierten Cannabisabgabe an Erwachsene einführt. Konsens ist dagegen, unter anderem ein sogenanntes Drug-Checking zu ermöglichen, bei dem Konsumenten illegal erworbene Substanzen auf Inhaltsstoffe und Reinheitsgrade überprüfen lassen können. Einig waren sich SPD, Linke und Grüne aber auch, die Drogenpolitik des Noch-Innensenators Frank Henkel (CDU) zurückzunehmen und nicht nur auf Repression zu setzen, sondern verstärkt auf Prävention.
"Ich bin doch nicht verrückt"
Das war auch Konsens in der Fachverhandlungsgruppe Gesundheit. In der großen Koalitionsrunde aber kam es zum Streit zwischen SPD und Linken, der in einer Auszeit endete. Nach Tagesspiegel-Informationen hat jedoch kein Koalitionär mit der Beendigung der Koalitionsgespräche gedroht.
„Nein, ich habe damit nicht gedroht. Ich bin doch nicht verrückt“, sagte Links-Fraktionschef Udo Wolf dem Tagesspiegel am Sonntag. Man solle „nicht jedes Wort in der Hitze des Gefechts auf die Goldwaage legen“, hieß es aus der Koalitionsgruppe. Von „Spielchen“ und „tarifverhandlungsmäßigem Verhalten bei der SPD“ ist bei den Grünen zum Verlauf des Abends zu hören.
Das Thema Drogenpolitik soll weiter debattiert werden
Grundsätzlich geht es um den Umgang in der Drogenpolitik zwischen Repression und Gesundheitsprävention. Der ist auch in der SPD noch strittig. Bei der Mitgliederbefragung der SPD-Basis Ende vergangenen Jahres sprachen sich 43,2 Prozent für und 44 Prozent gegen einen neuen Rechtsrahmen aus, der die Abgabe von Cannabis an Erwachsene bei gleichzeitiger Stärkung des Jugendschutzes und der Prävention ermöglicht.
Schlussendlich verständigten sich SPD, Linke und Grüne am vergangenen Montag darauf, dass die Drogenpolitik noch einmal in der Fachverhandlungsgruppe öffentliche Sicherheit und Bürgerrechte debattiert wird. Dann wird das Ergebnis erneut in der großen Verhandlungsgruppe besprochen.
Am Montag trifft sich die Verhandlungsrunde ebenfalls, und zwar um das Thema Wissenschaft zu debattieren. Ursprünglich stand der Komplex zur Öffentlichen Sicherheit auf der Tagesordnung, wurde dann aber verschoben. Der Grund liegt in dem begrenzten Zeitrahmen am Montag: Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und andere Landespolitiker werden zur festlichen Eröffnung des Reformationsjubiläumsjahres erwartet.