Gesetz zum Schutz von Weidetieren: Bundestag erleichtert Abschuss von Wölfen
Die lange verschwundenen Wölfe sollen geschützt werden – doch es gibt auch Attacken auf Nutztiere. Nun hat der Bundestag neue Regeln aufgestellt.
Bereits am Donnerstagvormittag häuften sich beim brandenburgischen Landwirtschaftsministerium die Anfragen von Journalisten. Dabei hatte der Bundestag den lange und bis zuletzt umstrittenen Gesetzentwurf zum leichteren Abschuss von Wölfen erst am späten Nachmittag beschlossen - zum Schutz von Schafen und anderen Weidetieren.
Doch viele wollten wissen, was die neuen Regelungen für das Land Brandenburg bedeuten. Schließlich leben hier und im benachbarten Sachsen die meisten Wölfe. Und hier gibt es auch die meisten Nutztier-Risse, wie es in der Fachsprache so sachlich heißt.
Für Schäfer und andere Tierhalter verbinden sich damit allerdings weniger sachliche Bilder: von Schafen und Lämmern etwa, die mit durchbissenen Kehlen auf der Weide liegen oder von halb aufgefressenen Kälbern, die von Wölfen inzwischen sogar aus Ställen gezerrt werden.
„Wenn man mit seinen Tieren verbunden ist, fällt es schwer, bei solchen Anblicken ruhig zu bleiben“, sagt Reinhard Jung, Geschäftsführer und Sprecher vom Bauernbund Brandenburg. Er hält den Gesetzentwurf nur für „einen ersten Schritt in die richtige Richtung“.
Dabei hatte es um den erleichterten Abschuss von Wölfen bereits in den vergangenen Jahren hitzige Debatten gegeben. Denn der Wolf steht in Deutschland unter strengem Naturschutz und viele Menschen fanden und finden es gut, dass er sich seit etwa zwei Jahrzehnten wieder ausbreitet, nachdem er hier lange als ausgerottet galt.
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Erst vor zwei Wochen hatte das Naturschutz-Bundesamt bekanntgegeben, dass in Deutschland inzwischen 105 Wolfsrudel leben, und damit 28 mehr als ein Jahr zuvor. Ein Rudel besteht gewöhnlich aus drei bis elf Tieren: den Eltern und ihren Nachkommen, die erst im Alter von zwei Jahren eigene Wege gehen.
275 erwachsene Wölfe
Die insgesamt mindestens 275 erwachsenen Wölfe ernähren sich zwar auch von Rehen und Wildschweinen, aber hinter ersteren müssen sie lange herlaufen und letztere können sich schmerzhaft zur Wehr setzen.
Deshalb sind Schafe, aber auch Ziegen oder Kälbchen, die vielleicht sogar noch angeleint und dadurch besonders hilflos auf der Weide stehen, für Wölfe ein im wahrsten Sinne des Wortes gefundenes Fressen.
247 Nutztiere wurden 2016 offiziell als Wolfsbeute erfasst, 2017 waren es schon 394. Durch 639 Wolfs-Übergriffe seien im vergangenen Jahr bundesweit 2067 Tiere gerissen worden, sagte der CDU-Abgeordnete Hermann Färber: „Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir den Weidetierhaltern in Deutschland wieder eine Perspektive zum Schutze ihrer Tiere bieten.“
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Der brandenburgische CDU-Abgeordnete und ehemalige Bürgermeister von Spremberg, Klaus-Peter Schulze, wies während der Debatte im Bundestag darauf hin, dass allein durch Ausgleichszahlungen und Hilfen bei den Herdenschutzmaßnahmen die Probleme nicht zu lösen seien. Das sei vor allem in den ländlichen Gegenden ein Problem.
Jedenfalls sind inzwischen auch viele Bundestagsabgeordnete der Meinung, dass der Schutz des Wolfes auch Grenzen haben muss. In namentlicher Abstimmung verabschiedete das Parlament am Ende das Gesetz gegen die Stimmen der gesamten Opposition. Es sieht vor, dass die Tiere geschossen werden können, wenn durch ihre Attacken auf Nutztiere ernste wirtschaftliche Schäden drohen.
Und zwar so lange, bis es keine Attacken in der betreffenden Gegend mehr gibt. Ein Abschuss soll auch dann mit einer entsprechenden Genehmigung der Länderbehörden möglich sein, wenn unklar ist, welcher Wolf genau für den Nutztier-Riss verantwortlich ist – auch, wenn dafür ein ganzes Rudel getötet werden muss. Das sei aber kein Freibrief für ein „unkontrolliertes Rudelschießen“, wie der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Träger, versicherte.
Er wies zugleich darauf hin, dass die Änderung nur den Wolf betreffe und räumte damit viele Bedenken aus dem Weg. So hatte unter anderem Christiane Schröder vom Naturschutzbund (Nabu) dem Tagesspiegel gegenüber geäußert: „Mehr Sorgen bereitet uns allerdings, dass die vom Bundestag angestrebte Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes für Paragraf 45, Absatz 7 nicht nur für Wölfe gilt, sondern auch für andere geschützte Arten.“
Ansonsten wies die Nabu-Geschäftsführerin ebenso wie Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel (Grüne) darauf hin, dass es im Land bereits eine Wolfsverordnung gibt, die die Entnahme, also den Abschuss von Wölfen, die trotz entsprechenden Herdenschutzes Nutztiere reißen, erlaube. Es bleibe allerdings eine Einzelfallentscheidung als letztes Mittel, wenn alle anderen ausgeschöpft seien.
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