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Der saudische Journalist Jamal Khashoggi beim Betreten des Konsulats seines Landes in Istanbul, wo er wenig später ermordet wurde.
© dpa

Plan für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft: Bundesregierung will EU-weite Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzer

Personen, die in anderen Staaten im Auftrag der Regierung morden und foltern, sollen nach dem Willen der Bundesregierung nicht mehr in die EU einreisen dürfen.

Die Bundesregierung will EU-weite Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzer aus Drittstaaten durchsetzen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Frage hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. „Die Bundesregierung setzt sich für ein Sanktionsregime ein, das sich gegen Verantwortliche schwerster Menschenrechtsverletzungen richtet“, schreibt Andreas Michaelis, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, an die Grünen-Abgeordnete Margarete Bause. Die Bundesregierung wolle die Umsetzung eines EU-weiten Sanktionsmechanismus „während der deutschen Ratspräsidentschaft 2020 weiter voranbringen“. Eine solche Regelung wäre ein Wandel der europäischen Menschenrechtspolitik und zugleich ein Signal an Staaten wie Russland, Belarus oder Saudi-Arabien.

Kern dieses Vorhabens sind Einreiseverbote gegen Personen, die, meist im Auftrag ihrer Regierung, schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben sollen. Entsprechende Gesetze auf nationaler Ebene gibt es bereits in den USA und Kanada, aber auch in Großbritannien, Estland, Litauen und Lettland. Die Niederlande hatten im vergangenen Jahr eine EU-weite Regelung angeregt, und auch das Europäische Parlament forderte in einer Resolution, innerhalb der EU die Möglichkeit für solche Sanktionen zu schaffen.

Als erster Staat hatten die USA 2012 ein so genanntes Magnitski-Gesetz verabschiedet. Der Russe Sergej Magnitski hatte 2008 Beamte des russischen Innenministeriums beschuldigt, an einem riesigen Steuerbetrug beteiligt gewesen zu sein. Daraufhin wurde er selbst festgenommen, ein Jahr später starb er in einem Moskauer Gefängnis. Teile des Geldes tauchten später in westlichen Ländern wieder auf, die Familien russischer Beamter, die mit dem Fall Magnitski in Verbindung gebracht wurden, erwarben plötzlich Luxusimmobilien im Ausland. Diejenigen, die für die Festnahme und den Tod Magnitskis mitverantwortlich sein sollen, haben heute in den USA und anderen Staaten Einreiseverbot.

Längst werden die bestehenden Magnitski-Gesetze nicht mehr nur für Fälle von Menschenrechtsverletzungen in Russland angewandt. Auch die mutmaßlichen Mörder des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi stehen auf den Sanktionslisten von Staaten, die bereits solche Gesetze haben. Deutschland hatte sich im Fall Khashoggi ebenfalls entschieden, Einreiseverbote gegen 18 Personen zu verhängen, die am Mord an dem Journalisten beteiligt waren oder dafür Verantwortung tragen.

Diplomaten hoffen auf abschreckende Wirkung

Eine EU-weite Regelung für solche Sanktionen könne eine abschreckende Wirkung haben, argumentieren deutsche Diplomaten in Brüssel. Doch innerhalb der EU gibt es Widerstand gegen das Projekt, vor allem in Ungarn, dessen Premier Viktor Orban gute Kontakte zum Kreml pflegt. Die Bundesregierung stehe in enger Abstimmung zu einigen gleichgesinnten EU-Staaten, heißt es im Auswärtigen Amt. Allerdings müssten die „Positionen der Mitgliedstaaten zu bestimmten Aspekten des Sanktionsregimes in Einklang gebracht werden“.

Da das EU-Projekt am ungarischen Widerstand scheitern kann, dringen Befürworter auf ein Magnitski-Gesetz in Deutschland. „Es ist Zeit, dass Deutschland auf diesem Gebiet die Führung übernimmt“, sagt der litauische Abgeordnete und Ex-Botschafter Zygimantas Pavilionis. Kürzlich berichtete er auf Einladung von Bause und dem Grünen-Abgeordneten Manuel Sarrazin bei einer Veranstaltung im Bundestag über Litauens Erfahrungen mit dem Magnitski-Gesetz. Mehr als 100 Namen stehen bereits auf der litauischen Sanktionsliste.

Ein solches Gesetz richte sich gezielt nur gegen die Täter und sende ein wichtiges Signal, argumentierte Pavilionis. Dagegen führe die Straflosigkeit von Menschenrechtsverletzungen zu weiterer Aggression. Mit diesen Sanktionen könne man auch diejenigen unterstützen, die in ihrer Heimat für Freiheit und Demokratie kämpfen. Pavilionis appellierte an die Abgeordneten aus mehreren Fraktionen: „Wir bitten Sie, eines nicht zu vergessen: Freiheit ist nicht selbstverständlich.“

Innerhalb der großen Koalition heißt es aber, es stellten sich noch wichtige rechtliche Fragen, bevor man ein solches Sanktionsgesetz beschließen könne, beispielsweise in der Beweiserhebung. Außerdem müsse geklärt werden, wie Personen auf der Liste Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen könnten.

Die Grünen-Abgeordnete Bause sagte dem Tagesspiegel, es sei wichtig und richtig, dass die Bundesregierung schon vor dem Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in Brüssel die Initiative ergreife. „Aber auch auf nationaler Ebene sollten wir prüfen, was es hier an Handlungsmöglichkeiten gibt.“

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