Bekommen Kohleregionen wirklich 40 Milliarden Euro?: Bundesrat missfällt das Gesetz der Bundesregierung
Im Fall des 40-Milliarden-Programms für die Kohleregionen kündigt sich ein neuer Bund-Länder-Streit an.
Bund und Länder steuern auf einen neuen Konflikt zu. Es geht um das 40-Milliarden-Projekt, mit dem die Bundesregierung den Ausstieg aus der Braunkohle bis 2038 flankieren will, um den Revieren eine neue wirtschaftliche Zukunft zu geben. Zusammengefasst sind die Maßnahmen im Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen, das am Freitag erstmals im Bundesrat debattiert wurde. Dass sich aus allen Ländern zusammen nahezu hundert Änderungswünsche angesammelt hatten, zeigt schon: Ganz rund scheint das Gesetzesvorhaben, das relativ zügig auf den Weg gebracht worden ist, noch nicht zu sein. Und so fasste Reiner Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, seine Rede in dem Satz zusammen: „So, wie das Gesetz jetzt aussieht, können wir nicht zustimmen.“ Es fehle an der nötigen Verbindlichkeit der Finanzzusagen an den Bund. Und auch die Möglichkeiten, den Strukturwandel anzugehen und „die Innovationskraft der Reviere stärken zu können“, sind dem CDU-Politiker noch nicht konkret genug. Er forderte, sich stärker am Vorschlag der Kohlekommission zu orientieren.
Auch er sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) verlangt vom Bund mehr Klarheit. In der Lausitz, verteilt auf Sachsen und Brandenburg, gehe mit dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung eine Wertschöpfung von einer Milliarde Euro im Jahr verloren. Das müsse durch neue Unternehmensansiedlungen ersetzt werden. Kretschmer appellierte an die Bundesregierung, dass dies nicht entlang der bisherigen Förderrichtlinien „nach Schema F“ gelingen werde. Wie die anderen Chefs der Kohleländer auch geht es ihm vor allem um Planungsbeschleunigung. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sekundierte: „Ein Braunkohlekraftwerk ist schnell geschlossen, der Bau eines Gaskraftwerks zum Ersatz darf nicht 15 bis 20 Jahre dauern.“
Drei wichtige Punkte
Freilich ist die Einigkeit der Länder begrenzt, denn die vom Bund zugesagte Sonderförderung für die Kohleregionen dürfte zu Lasten anderer Bundesvorhaben gehen. Allerdings gab es in drei Punkten, die den Kohleländern wichtig sind, am Ende doch eine Mehrheit im Bundesrat. So fordern die Länder den Bund auf, sich im Gesetz klar auf die Summe von 40 Milliarden Euro an Hilfen festzulegen – bisher ist das in der entscheidenden Passage durch den kleinen Zusatz „bis zu“ relativiert. Zudem soll die Vorgabe, dass sich die Kohleländer zu „mindestens zehn Prozent“ an den Maßnahmen beteiligen, gestrichen werden – es sollen maximal zehn Prozent sein. Und drittens sollen neben Investitionen in bauliche Infrastruktur auch so genannte konsumtive Ausgaben möglich sein – also etwa für Personal oder Ausstattungen, was vor allem auf anzusiedelnde Forschungseinrichtungen zielt. Ohne die, so die Meinung der Kohleländer, ist der Strukturwandel nicht zu stemmen. Zudem sprach sich der Bundesrat mehrheitlich dafür aus, das 40-Milliarden-Projekt im Rahmen eines Sondervermögens des Bundes anzugehen. Ein solcher Nebenhaushalt hat aus Ländersicht den Vorteil, dass die Maßnahmen gebündelt sind und nicht verteilt auf die Einzeletats der Bundesressorts. Denn eine Befürchtung im Länderkreis ist die, dass ihre Interessen leiden werden, wenn die Finanzierung des 40-Milliarden-Vorhabens in den zwangsläufigen Verteilungskampf zwischen den Bundesministerien gerät. Aus diesen Grund verlangt der Bundesrat auch, dass die bis 2038 erforderlichen Mittel als „zusätzliche Verstärkungsmittel“ eingeplant werden – um nicht mit anderen Förderungen verrechnet zu werden.
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