Lebendnierenspende: Bundesgerichtshof stärkt Rechte von Organspendern
Lebendnierenspender müssen über Risiken umfassend aufgeklärt werden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden - und damit die Rechte von Spendern gestärkt.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Rechte von Lebendorganspendern gestärkt. Wenn Organspender über mögliche gesundheitliche Risiken einer Organentnahme ungenügend aufgeklärt und die Gespräche nicht dokumentiert werden, können sie Schadensersatz erhalten, wie der für Arzthaftungsfragen zuständige VI. Zivilsenat des BGH am Dienstag in Karlsruhe entschied.
Fehler bei der Aufklärung führten nicht zwangsläufig zur Unwirksamkeit einer Aufklärung, seien aber bei einer Beweiswürdigung „ein starkes Indiz“, so das Gericht. Zur Frage der Höhe der Schadenersatzansprüche verwies der BGH die beiden verhandelten Fälle zurück an die Vorinstanz.
In einem der Fälle hatte eine Tochter ihrem Vater und im anderen ein Mann seiner Frau eine Niere gespendet. Die Spender leiden seitdem unter gesundheitlichen Problemen und sagen, sie seien unzureichend medizinisch aufgeklärt worden und hätten sich gegebenenfalls gegen den Eingriff entschieden.
Das Oberlandesgericht Hamm hatte die Klagen abgewiesen. Die Richter dort sahen zwar Versäumnisse der Ärzte, gingen wegen der emotionalen Nähe zwischen Spender und Empfänger aber von einer „hypothetischen Einwilligung“ aus, nach der die Spender auch bei einer korrekten Risiko- und Folgenaufklärung der Entnahme zugestimmt hätten.
Lebendorganspende ist nur zwischen sehr nahestehenden Menschen möglich
Die Kläger hatten die „hypothetische Einwilligung“ als „Totschlagargument“ bezeichnet. Die BGH-Entscheidung nun hat über die Einzelfälle hinaus grundsätzliche Bedeutung für die Maßstäbe zur Aufklärung möglicher Organspender.
Die Kläger zeigten sich nach dem Urteil „glücklich, dass nun ein Schlussstrich gezogen werden“ könne. Die Ehefrau des Spenders betonte, künftig werde es für Angehörige „einfacher, Nein zu sagen“. Richterin Vera von Pentz versteht das Urteil als Stärkung des Systems der Organspende. Spender müssten sich darauf verlassen können, dass die im Transplantationsgesetz festgeschriebenen Vorgaben in der Praxis umgesetzt würden. Nur so könne „die Bereitschaft der Menschen zur Organspende langfristig gefördert werden“. Mit einer anderen Gesetzesauslegung wären „die Aufklärungsanforderungen unterlaufen“ worden.
Im konkreten Fall wies der BGH auch darauf hin, dass die Nierenspender nicht über besondere Risiken für ihre eigene Gesundheit informiert worden seien. Schon vor dem Eingriff seien die Nierenwerte der Spender nicht optimal gewesen. Nach dem Gesetz ist eine Lebendorganspende nur zwischen sich sehr nahestehenden Menschen möglich, beispielsweise Kinder und Eltern, Geschwister oder Partner. Wichtig ist zudem, dass die Spende freiwillig erfolgt. Zudem muss ein nicht mit dem Eingriff befasster weiterer Arzt hinzugezogen werden. (KNA)
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