Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Bundesanwaltschaft klagt frühere syrische Geheimdienstler an
Die beiden Syrer wurden bereits im Februar in Deutschland festgenommen. Es wäre der erste Prozess weltweit wegen Folter in Assads Gefängnissen.
Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen zwei Syrer wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erhoben. Die beiden Männer sollen dem syrischen Geheimdienst angehört haben. Es wäre der erste Prozess weltweit wegen Menschenrechtsverletzungen durch das Regime von Staatschef Baschar al Assad. Die beiden Syrer waren bereits im Februar in Deutschland festgenommen worden.
Dem Angeklagten Anwar R. werfen die Bundesanwälte vor, als Leiter einer Ermittlungseinheit des Geheimdienstes für eines der berüchtigten Foltergefängnisse in Damaskus verantwortlich gewesen zu sein. „In dem Zeitraum von Ende April 2011 bis Anfang September 2012 mussten dort mindestens 4000 Gefangene bei ihrer Vernehmung brutale und massive Folter durch Mitarbeiter des Angeschuldigten über sich ergehen lassen“, erklärte die Bundesanwaltschaft am Dienstag.
An den Folgen der Misshandlungen seien mindestens 58 Menschen gestorben. Häftlinge wurden brutal geschlagen, mit Elektroschocks gequält, an den Handgelenken an der Decke aufgehängt oder vergewaltigt. Als Leiter der Ermittlungseinheit habe Anwar R. den Einsatz der systematischen Folterungen „bestimmt und überwacht“.
Der zweite Angeklagte Eyad A. muss sich wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Im Herbst 2011 soll er gemeinsam mit anderen Geheimdienstlern mindestens 30 Demonstranten in Damaskus festgenommen und in das Foltergefängnis von Anwar R. gebracht haben. Dort seien die Gefangenen schwer misshandelt worden.
Die beiden Männer, die nun vor Gericht gestellt werden sollen, verließen Syrien bereits 2012 beziehungsweise 2013. Anwar R. lebt schon seit 2014 in Deutschland, Eyad A. folgte 2018. Das Oberlandesgericht Koblenz muss nun über die Aufnahme eines Verfahrens entscheiden.
„Dieser Prozess in Deutschland gibt Hoffnung“
„Die Anklage ist ein wichtiges Zeichen, vor allem für die Betroffenen von Assads Folter-System“, sagte Wolfgang Kaleck, Generalsekretär des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin. Zugleich forderte der Jurist, dass auch die Hauptverantwortlichen für die Folter in Syrien vor Gericht gestellt werden, in Deutschland oder einem anderen Land.
In dem zu erwartenden Verfahren würden mehrere syrische Folterüberlebende als Nebenkläger sowie als Zeugen auftreten. „Dieser Prozess in Deutschland gibt Hoffnung, auch wenn alles lange dauert“, sagte ein Überlebender, der in dem vom Hauptangeklagten verantworteten Gefängnis gefoltert worden war. Er ist einer der Nebenkläger und wird von einem Anwalt des ECCHR vertreten. Der Name des Syrers soll zu seinem Schutz nicht genannt werden.
Die Anklage gegen die Geheimdienstler wirft ein Schlaglicht auf die brutale Niederschlagung der Oppositionsbewegung in Syrien ab dem Frühjahr 2011. „Das Ziel war es, mit Hilfe der Geheimdienste die Protestbewegung bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern“, erklärte die Bundesanwaltschaft.
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