IS-Terror: Britisches Unterhaus stimmt Luftschlägen zu
Das Vereinigte Königreich schließt sich dem Bündnis gegen den Terror des IS an. Das hat das Unterhaus beschlossen. Die Zahl der EU-Bürger, die sich den Islamisten anschließen und für sie kämpfen, wächst unterdessen weiter.
Großbritannien schließt sich einem internationalen Militärbündnis gegen die Terrormiliz IS im Irak an. Das Unterhaus gab der Regierung von Premierminister David Cameron am Freitag mit großer Mehrheit grünes Licht für den Militäreinsatz. 524 stimmten für den Regierungsantrag, 43 stimmten dagegen. Das Mandat schließt den Einsatz von Bodentruppen aus. Ausgeklammert ist ebenso eine mögliche Beteiligung an Luftschlägen gegen den IS auf syrischem Boden. Vor einem Jahr war eine britische Beteiligung an Luftschlägen gegen das Assad-Regime in Syrien noch überraschend am Widerstand des Parlaments gescheitert.
Bei der Offensive der Extremistenmiliz "Islamischer Staat" gegen die Kurden in Nordsyrien sind Zeugen zufolge zwei Granaten der Extremisten auf türkischem Gebiet eingeschlagen. Die Geschosse gingen am Freitag in einem Weingut nieder. Berichte über Verletzte oder Tote gab es zunächst nicht. Kämpfer des IS versuchen, die syrische Grenzstadt Kobani einzunehmen und damit von ihnen beherrschte Gebiete zu verbinden. Dabei konnten sie Fortschritte erzielen: Offenbar eroberten sie einen Hügel in der Nähe von Kobani, den die Kurdenmiliz YPG für Angriffe genutzt hatte. Auf türkischer Seite war Artillerie- und Maschinengewehrfeuer zu hören. “Wir haben Angst. Wir setzen uns ins Auto und fahren heute weg“, sagte der Weingutbesitzer Hüseyin Türkmen.
Die Türkei zögert, sich am internationalen Kampf gegen den IS zu beteiligen. Hintergrund ist zum Teil der Konflikt zwischen der Regierung in Ankara und der Kurdischen Arbeiterpartei PKK. Sie kämpfte drei Jahrzehnte lang für mehr Rechte der Minderheit. Der Kampf um Kobani könnte nun den Druck auf die Türkei erhöhen, gegen die Extremisten härter vorzugehen. Zumal eine Mehrheit der Türken nach einer Umfrage die Beteiligung ihres Landes an einer internationalen Militäroperation gegen den IS unterstützen würde.
52 Prozent der Befragten hätten sich für eine Teilnahme ausgesprochen, berichtete das Meinungsforschungsinstitut Metropoll. Demnach ist knapp ein Drittel (29,9 Prozent) dagegen. Etwas mehr als die Hälfte aller Befragten (52,7 Prozent) befürchtet Terroranschläge islamistischer Gruppen in der Türkei. Ein gutes Viertel (27,3 Prozent) geht nicht von solchen Anschlägen aus. Aus der Umfrage von Metropoll geht weiter hervor, dass nur 1,3 Prozent der Befragten Sympathie für IS geäußert haben. 93,6 Prozent hätten dagegen angegeben, keinerlei Sympathie für die Gruppe zu hegen. 79,8 Prozent betrachteten IS als terroristische Vereinigung - im Juni hatten noch 70,7 Prozent der Befragten die Gruppe als terroristisch eingestuft.
Ölfelder bombardiert
Die US-geführte internationale Koalition hat im Kampf gegen die Terrormiliz in Syrien den zweiten Tag in Folge Ölanlagen unter Kontrolle des IS bombardiert. Damit soll die wichtigste Einnahmequelle der Extremisten zerstört werden. Auch ein irakischer Ort an der Grenze zu Syrien, Al Kaim, wurde angegriffen. Dabei seien 30 IS-Kämpfer ums Leben gekommen, berichtete der arabische Nachrichtensender Al Arabija am Freitag.
Die internationale Koalition bombardierte im Osten Syriens unter anderem das Ölfeld Al Tanak in der Nähe der Stadt Dair as Saur, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag berichtete. Zudem habe sie IS-Stellungen in der Provinz Hasaka ins Visier genommen. Die syrische Nachrichtenseite Zaman al Wasl meldete, dort seien sieben Mitglieder einer Familie getötet worden, darunter Kinder und Frauen. Die Extremisten kontrollieren in Syrien und im Irak mehrere Ölfelder.
Das Al-Tanak-Ölfeld gehört zu den wichtigsten in Syrien. Die Terrormiliz hatte es Anfang Juli eingenommen. Die Einnahmen aus dem Öl-Schmuggel sind die Hauptfinanzierungsquelle der Dschihadisten. Laut Pentagon fließen so täglich umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro in die Kassen des IS.
Menschenrechtsaktivistin ermordet
Im Irak hat der IS eine Menschenrechtsaktivistin ermordet. Samira Saleh al Nuaimi, die in sozialen Netzwerken Kritik an den Extremisten geübt hatte, wurde am Montag auf einem Platz im Zentrum von Mossul von maskierten IS-Kämpfern erschossen, wie die Menschenrechtsorganisation GCHR am Donnerstag mitteilte. Die Vereinten Nationen verurteilten die Tat. Nach Angaben eines Nachbarn war al Nuaimi vor mehreren Tagen entführt worden. Die Dschihadisten hätten die Ermordung damit begründet, dass sich die Aktivistin nicht für ihre auf Facebook geäußerte Kritik an der Zerstörung religiöser Schreine durch den IS entschuldigt habe, sagte er. Die Islamisten hatten in den vergangenen Wochen im Irak mehrere heilige Stätten zerstört.
Der oberste UN-Gesandte im Irak, Nickolay Mladenov, verurteilte die Tötung der Menschenrechtlerin als ein weiteres Beispiel für die vom IS verübten "unzähligen widerwärtigen Verbrechen gegen das Volk des Irak". Mladenov zufolge war al-Nuaimi vor ihrer Ermordung gefoltert und vor ein Scharia-Gericht gestellt worden. Die Organisation Gulf Center for Human Rights (GCHR) würdigte al Nuaimi für ihren Einsatz für die Rechte von Häftlingen und benachteiligten Familien.
Die Zahl der EU-Bürger, die in Syrien und im Irak aufseiten der militanten Islamisten kämpfen oder gekämpft haben, ist mittlerweile auf 3000 gestiegen. Anfang des Jahres sei man noch von 2000 europäischen Dschihadisten ausgegangen, sagte Gilles de Kerchove, Anti-Terror-Koordinator der EU, dem britischen Sender BBC. Die syrische Beobachtungsstelle berichtete, dass sich seit Beginn der Luftangriffe auf Syrien Anfang dieser Woche in der Region nordöstlich der Stadt Aleppo mindestens 73 Kämpfer dem IS angeschlossen hätten. Die Mehrheit von ihnen habe zuvor für andere radikal-islamische Gruppen gekämpft. Vier der neuen Kämpfer kommen demnach aus Europa.
Dänemark schließt sich internationaler Allianz an
Die Sicherheitsbehörden von Spanien und Marokko haben derweil neun mutmaßliche islamistische Terroristen festgenommen. Die Aktion sei am frühen Freitagmorgen in enger Zusammenarbeit in der spanischen Nordafrika-Exklave Melilla und auch in der 15 Kilometer entfernten nordostmarokkanischen Küstenstadt Nador durchgeführt worden, teilte das spanische Innenministerium in Madrid mit. Die Festgenommenen gehörten den Erkenntnissen zufolge einer des IS nahestehenden Organisation an, hieß es.
Einer der Männer sei spanischer Staatsbürger, die acht restlichen alle Marokkaner, berichtete das spanische Fernsehen unter Berufung auf die Behörden. Die Gruppe habe sich der Anwerbung junger Menschen für den Dschihad, den „heiligen Krieg“ gewidmet. Nach Angaben des Madrider Innenministeriums war die Aktion am Freitagvormittag noch nicht abgeschlossen.
Dem militärischen Kampf gegen den IS will sich nun anschließen. Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt sagte am Freitag, Dänemark werde sieben F16-Kampflugzeuge zur Verfügung stellen. Außerdem sollen dänische
Soldaten im Irak helfen, Iraker und Kurden zu beraten und für den Kampf auszubilden. Der Einsatz sei zunächst auf ein Jahr begrenzt. In der nächsten Woche soll das dänische Parlament die Entsendung beschließen. (rtr/AFP/dpa)