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Sie können auch für etwas Stimmen: Parlamentspräsident John Bercow verkündet das Ergebnis.
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Update

Eine Stimme Mehrheit: Britisches Unterhaus fordert erneute Brexit-Verschiebung

Das Parlament will einen Aufschub über den 12. April hinaus. Die britische Regierung sieht ihre Verhandlungsposition geschwächt. Merkel reist heute nach Irland.

Das britische Unterhaus hat für ein Gesetz gestimmt, das die Regierung zu einer Verschiebung des Brexit über den 12. April hinaus verpflichtet. Die Vorlage passierte die Parlamentskammer am Mittwochabend mit einer Mehrheit von nur einer Stimme: 313 Abgeordnete votierten für den Text, 312 dagegen. Das Gesetz, das einen harten Brexit verhindern soll, wird am Donnerstag dem britischen Oberhaus vorgelegt.

Die Regierung reagierte verärgert auf die Abstimmung. "Wir sind enttäuscht, dass die Abgeordneten dieses Gesetz unterstützt haben", sagte ein Regierungssprecher. Premierministerin Theresa May habe bereits dargelegt, wie Großbritannien die EU mit einem Austrittsabkommen verlassen könne - und bereits angekündigt, sich für einen weiteren Brexit-Aufschub einzusetzen. Das Gesetz würde die Verhandlungsmöglichkeiten der Regierung stark einschränken, sagte der Sprecher.

May hatte bereits am Dienstag angekündigt, die EU um einen erneuten Aufschub des Brexit über den 12. April hinaus zu bitten. Die EU hält am 10. April einen Sondergipfel zum Brexit ab.

Im verfahrenen Brexit-Streit hatte die Premierministerin am Mittwoch Oppositionsführer Jeremy Corbyn zu einem Gespräch getroffen, um nach einem Ausweg aus der Brexit-Sackgasse zu suchen. Beide Seiten bezeichneten das Treffen als "konstruktiv". Die Gespräche sollen am Donnerstag fortgesetzt werden. Allerdings fordert Labour eine Zollunion mit der EU, was viele Konservative strikt ablehnen.

Vize-EU-Kommissionspräsident Frans Timmermans rief beide Seiten zu einer Einigung im Brexit-Streit auf. Es wäre "außerordentlich wichtig", dass sich May und Corbyn über die Grundsätze der künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien einigen und der Austrittsvertrag im Unterhaus "endlich verabschiedet" werde, sagte Timmermans der "Welt" vom Donnerstag. Eine solche Einigung wäre im Interesse Großbritanniens und der EU.

EU ruft May und Corbyn zur Einigung auf

May und Corbyn sollten "ab sofort die nationalen Interessen berücksichtigen und nicht immer nur an die Parteiinteressen denken", sagte Timmermans weiter. Der Niederländer forderte London auf, mit Blick auf einen EU-Austritt eine klare Entscheidung zu treffen. "Wir können doch nicht unendlich so weiter machen bei den Brexit-Verhandlungen und immer wieder verlängern um ein paar Wochen. Das britische Parlament muss jetzt eine Entscheidung treffen und uns endlich sagen, was man in London will."

Die Herausforderung, eine alternative Austrittsvereinbarung zu schaffen, ist zu gewaltig um sie mit der heißen Nadel zu stricken. Nehmt Euch Zeit, liebe Briten, und holt das nach, was Eure Regierung drei Jahre lang versäumt hat. Nämlich die Einigung darüber, wie Ihr den Brexit wollt, wenn Ihr ihn denn noch wollt.

schreibt NutzerIn derverwalter

Ganz andere Sorgen treiben den irischen Regierungschef Leo Varadkar um, der Grenzkontrollen zwischen seinem Land und dem britischen Nordirland nach einem Brexit unbedingt verhindern will. Er hat Kanzlerin Angela Merkel auf die Insel eingeladen. Die CDU-Politikerin will sich am Donnerstag vor Ort ein Bild von der Lage machen.

Sollten wieder Kontrollen zwischen den beiden Teilen Irlands eingeführt werden, wird mit neuer Gewalt in der ehemaligen Bürgerkriegsregion gerechnet. Mit dem geplanten Austritt Großbritanniens aus der Zollunion scheint das aber kaum zu verhindern.

Bei einem ungeregelten Brexit verlören in der EU lebende Briten ihr bisheriges Aufenthaltsrecht. Deutschland will den Briten und ihren Familien daher Zeit für die Beantragung von Aufenthaltstiteln geben. Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass sich für drei Monate nach dem britischen EU-Austritt nichts ändert. Eine Fristverlängerung um weitere sechs Monate soll mit Zustimmung des Bundesrates möglich sein, heißt es aus dem Innenministerium. (AFP, dpa)

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