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Niederlage. Boris Johnson, britischer Premier, am Mittwoch im Unterhaus.
© AFP

Zwei Niederlagen für Boris Johnson: Britisches Parlament will weder No-Deal-Brexit noch Neuwahlen

Der britische Premier scheitert im Unterhaus gleich zwei Mal: Erst stimmen die Abgeordneten für ein No-No-Deal-Gesetz, dann gegen Neuwahlen.

Das britische Unterhaus hat am Mittwoch gegen den Willen von Premierminister Boris Johnson ein Gesetz gegen einen ungeregelten EU-Austritt am 31. Oktober angenommen. Johnson beantragte daraufhin im Parlament eine Neuwahl am 15. Oktober - die ebenfalls abgelehnt wurde.

Die Abgeordneten votierten mit 327 zu 299 Stimmen für das Gesetz gegen einen Chaos-Brexit. Das Gesetz besagt, dass Johnson bei der EU eine dreimonatige Verlängerung der Brexit-Frist bis Ende Januar beantragen muss, wenn er nicht beim EU-Gipfel am 17. und 18. Oktober einen Deal erzielt. Der Premierminister will Großbritannien am 31. Oktober aus der Staatengemeinschaft führen, „komme, was wolle“. Er hofft, Brüssel damit zu Zugeständnissen bei dem bereits drei Mal im Unterhaus gescheiteren Brexit-Deal bringen zu können. Johnson möchte die Garantieklausel für Nordirland aus dem Austrittsvertrag löschen. Die EU will sich darauf aber nicht einlassen.

Nach der Zustimmung des Unterhauses muss das Gesetz jetzt die zweite Kammer im britischen Parlament, das Oberhaus, passieren. Dort haben Johnsons Gefolgsleute noch zahlreiche Möglichkeiten, eine endgültige Verabschiedung zu torpedieren. Sie können beispielsweise das Verfahren durch zahlreiche Änderungsanträge oder durch Dauerreden in die Länge ziehen.

298 Abgeordnete stimmten anschließend für Johnsons Antrag auf Neuwahlen, 56 dagegen. Damit hat Johnson die erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreicht - er hätte insgesamt 434 Stimmen benötigt.

Kritik an Vorgehen gegen Abweichler

Auf große Kritik stieß Johnsons harte Vorgehensweise gegen Abweichler in seiner eigenen Partei. So etwas dürfe nicht passieren, schrieb eine Gruppe von gemäßigten Konservativen. Mehr als 20 Tory-Rebellen, die schon am Vorabend gegen die Regierung gestimmt hatten, wurden am Mittwoch aus der Fraktion ausgeschlossen. Darunter waren der Ex-Schatzkanzler Philip Hammond, Alterspräsident Ken Clarke und ein Enkel von Winston Churchill. Sie sollen nun bei der nächsten Parlamentswahl nicht mehr für die Konservativen antreten dürfen.

Auch für die Gegner eines ungeregelten Brexits gab es am Mittwoch einen Rückschlag: Das oberste schottische Zivilgericht wies eine Klage gegen die von Johnson erwirkte mehrwöchige Zwangspause des Parlaments ab. Das Gericht fühle sich für diese Streitfrage nicht zuständig, berichteten britische Medien aus dem Gericht in Edinburgh.

Geklagt hatten etwa 75 Parlamentarier. Sie sehen in der von Johnson verfügten fünfwöchigen Schließung des Unterhauses vor dem EU-Austritt des Landes Ende Oktober eine unzulässige Einschränkung des Parlaments. Sie legten umgehend Berufung ein. Bereits an diesem Donnerstag soll es dazu eine Anhörung geben. Ähnliche Klagen wurden auch vor Gerichten im nordirischen Belfast und in London eingereicht.

Am Donnerstag sollte der Fall vor dem High Court in der britischen Hauptstadt verhandelt werden. Ein letztinstanzliches Urteil dürfte aber am Ende der Supreme Court fällen. Der Klage in London hatte sich auch der konservative frühere Premierminister John Major angeschlossen. (dpa/Tsp)

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