Treffen zwischen May und Macron: Britische Regierungschefin auf Überzeugungstour
Die britische Regierungschefin May will Frankreichs Präsident Macron von ihrem Kurs bei den Brexit-Verhandlungen überzeugen - doch die Aussichten sind begrenzt.
Der Blick über das Mittelmeer und die Festungsanlagen des Fort de Brégançon – dies hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu bieten, wenn er die britische Regierungschefin Theresa May an diesem Freitag in seiner Sommerresidenz zwischen Marseille und Nizza empfängt. Macron und May wollen in dem mediterranen Ambiente über ein Thema reden, über das ansonsten in schmucklosen Brüsseler Konferenzräumen verhandelt wird: der Brexit.
Drohung mit dem "No Deal"
May kürzt ihren Urlaub am Gardasee ab, um Macron davon zu überzeugen, bei den Brexit-Verhandlungen mehr Entgegenkommen gegenüber Großbritannien zu zeigen. Die britische Regierungschefin muss befürchten, dass weitere Zugeständnisse gegenüber der EU bei den Gesprächen über den Austritt und die künftigen Wirtschaftsbeziehungen zu einer offenen Revolte bei den Anhängern eines „harten Brexit“ in der konservativen Regierungspartei führen.
In dieser Situation setzt die britische Regierung insbesondere auf Deutschland und Frankreich. Berlin und Paris, erklärte der britische Außenminister Jeremy Hunt in einem Interview mit dem „Evening Standard“, müssten der EU-Kommission signalisieren, „dass wir ein pragmatisches und sinnvolles Verhandlungsergebnis erreichen müssen, das Jobs auf beiden Seiten das Kanals schützt“.
Gleichzeitig malte Hunt auch das Szenario eines „No Deal“ an die Wand, bei dem beide Seiten ohne Einigung auseinandergehen und mit Großbritanniens Austritt aus der EU am 29. März 2019 wieder Zollkontrollen am Ärmelkanal eingeführt würden.
Barnier schlägt Freihandelsabkommen vor
Bis Mitte Oktober soll eigentlich eine Austrittsvereinbarung zwischen Großbritannien und der EU stehen. Aber die Verhandlungen schleppen sich dahin. Der Brüsseler Brexit-Chefunterhändler der EU, der Franzose Michel Barnier, machte unterdessen am Donnerstag in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ deutlich, dass er sich von den britischen Drohungen mit einem „No Deal“ nicht unter Druck setzen lassen will. Barnier kritisierte, dass „einige Vorschläge des Vereinigten Königreichs unseren Binnenmarkt – eine der größten Errungenschaften der EU – untergraben“ würden. Kritikwürdig ist aus Sicht der EU vor allem der Vorschlag der britischen Regierung, bei den künftigen Handelsbeziehungen am freien Verkehr von Waren, nicht aber am freien Verkehr von Personen und Dienstleistungen festzuhalten. Nach der Auffassung der EU-Verhandler kommt dies einer „Rosinenpickerei“ gleich. Barnier wiederholte dagegen in dem Zeitungsbeitrag das Angebot der EU, mit Großbritannien ein „Freihandelsabkommen mit Nullzollsätzen und ohne mengenmäßige Beschränkungen für Waren“ abzuschließen.
Haben Sie Lust, jemanden kennenzulernen, der Fragen ganz anders beantwortet als Sie? Dann machen Sie mit bei „Deutschland spricht”. Mehr Infos zu der Aktion auch hier:
Wie die Handelsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien langfristig gestaltet werden sollen, soll in einer politischen Erklärung skizziert werden, die gemeinsam mit dem Austrittsvertrag ebenfalls bis zum Herbst ausverhandelt werden soll. Laut einem Bericht der „Financial Times“ zielen die britischen Verhandler derzeit darauf ab, in der politischen Erklärung über die künftigen Handelsbeziehungen ein Türchen für den Wunsch Londons offenzuhalten, zumindest teilweise von den Vorzügen des Binnenmarktes zu profitieren. In EU-Kreisen wurde dies allerdings zurückgewiesen: „Eine Erklärung über die künftigen Handelsbeziehungen darf keinen Raum für Zweideutigkeiten lassen“, hieß es.
Johnson ist Favorit bei den Tories
Nach ihrem Urlaub am Gardasee will May demnächst noch einmal mit ihrem Ehemann Philip zwei Wochen lang in der Schweiz beim Wandern auftanken. Zwischendurch wird sie nach Großbritannien zurückkehren. Dort erwarten sie schlechte Nachrichten. Eine Umfrage unter Mitgliedern der Konservativen ergab, dass der Brexit-Hardliner Boris Johnson von seiner Entscheidung profitiert hat, den Job als Außenminister hinzuschmeißen: Johnson gilt bei den Tory-Anhängern inzwischen als Favorit für das Amt des Regierungschefs.