Nachfolger von Norbert Lammert: Breite Zustimmung für Schäuble als Bundestagspräsident
Wolfgang Schäuble soll der neue Bundestagspräsident werden. SPD und FDP signalisieren Zustimmung zur Wahl des bisherigen Finanzministers.
- Antje Sirleschtov
- Stephan-Andreas Casdorff
Die Führungen von CDU und CSU haben den bisherigen Finanzminister Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsidenten vorgeschlagen. Schäuble ist der längstgediente Abgeordnete: Der CDU- Politiker gehört dem Parlament bereits seit 45 Jahren an. Außerdem hatte er neben mehreren Ministerposten sämtliche Führungsfunktionen einer Fraktion inne. Schäuble war sowohl Vorsitzender als auch Erster Parlamentarischer Geschäftsführer.
Der Christdemokrat ist laut Umfragen einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Parteiübergreifend wird seine inhaltliche Autorität anerkannt. Außerdem ist Schäuble als Politiker vielfach national wie europäisch ausgezeichnet worden, darunter für seine öffentlichen Reden. Nicht nur von der Unionsparteiführungen wird ihm zugetraut, den größten Bundestag aller Zeiten zu leiten, in dem erstmals auch Rechtspopulisten vertreten sind.
Formell ist es so, dass nun der Christdemokrat Volker Kauder als Vorsitzender der Unionsfraktion gemeinsam mit dem neuen Landesgruppenchef der Christsozialen, Alexander Dobrindt, den Abgeordneten von CDU und CSU Schäuble zur Nominierung empfehlen wird. Die größte Fraktion des Bundestags hat das Vorschlagsrecht für den Parlamentspräsidenten. Schäuble hat sich bereit erklärt, für das Amt zu kandidieren.
Vom bisherigen Koalitionspartner SPD kamen positive Signale. Der neue Erste Fraktionsgeschäftsführer der Sozialdemokraten, Carsten Schneider, nannte Schäuble eine „respektable Persönlichkeit“. Der „Mitteldeutschen Zeitung“ sagte Schneider, die SPD werde die Entscheidung mittragen. Auch die neue FDP-Fraktion signalisierte unmittelbar Zustimmung.
Lindner: Schäuble wird dem Parlament Geltung verschaffen
Der freidemokratische Fraktionschef Christian Lindner bezeichnete den amtierenden Bundesfinanzminister als „herausragende Persönlichkeit“, die „über eine natürliche Autorität“ verfüge, „die an der Spitze des Deutschen Bundestages in diesen Zeiten von besonderer Bedeutung ist“. Schäuble werde dem Parlament nach außen Geltung verschaffen „und nach innen seine Würde wahren“.
Alleine Union, SPD und FDP verfügen im neuen Bundestag zusammen über 479 Stimmen. Das sind 124 Stimmen über der absoluten Mehrheit, was für eine sichere Wahl Schäubles spricht.
Als Vorentscheidung für die anstehenden Verhandlungen zur Bildung einer Jamaika-Koalition wollten die Liberalen die Personalie indes nicht verstehen. Es sei keineswegs sicher, dass die FDP am Ende von Koalitionsgesprächen Anspruch auf das jetzt frei werdende Amt des Finanzministers erheben werde, hieß es. Allerdings werden bereits Kandidaten genannt, darunter Vizeparteichef Wolfgang Kubicki, der schon mehrmals für eine Neuausrichtung der Finanzpolitik eingetreten ist.
In jedem Fall gibt der Wechsel von Schäuble in eines der höchsten Staatsämter Bundeskanzlerin Angela Merkel Spielraum in Personalfragen. Sowohl FDP als auch Grüne hatten sich für eine andere Führung des Ressorts ausgesprochen.