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Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro ist zurzeit auf einer Wirtschaftskonferenz in Saudi-Arabien.
© Amr Nabil/AP/dpa

„Ich habe keinen Grund, jemanden umzubringen“: Bolsonaro unter Verdacht

Brasiliens Präsident könnte in den Mord an einer Linken-Politikerin verwickelt sein. Jair Bolsonaro verteidigt sich in einem Video voller Anschuldigungen.

Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro war wütend. Er schimpfte auf die Medien, bezeichnete „Globo“, den größten Medienkonzern des Landes, als „verfault, schweinisch, eklig, amoralisch und schamlos“. Mehrfach rief er: „Was wollt ihr?“ Und bekräftigte: „Ich habe überhaupt keinen Grund, irgendjemanden in Rio umzubringen.“ Es musste viel passiert sein, dass Brasiliens Präsident am Mittwochmorgen um kurz vor vier Uhr in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad aus dem Bett stieg, um ein 23-minütiges Video aufzunehmen. Bolsonaro ist derzeit zum Staatsbesuch auf der Arabischen Halbinsel, er hatte mit Kronprinz Mohammed bin Salman einen Deal über Investitionen von 15 Milliarden Dollar in Brasilien vereinbart, darunter riesige Hotelanlagen in Naturschutzzonen.

Dafür hatte Bolsonaro sich offenbar Lob von Brasiliens Medien erhofft. Aber TV Globo ließ in seiner Hauptnachrichtensendung eine Bombe platzen. Dem Sender waren Ermittlungsakten aus den Untersuchungen zum Mord an Marielle Franco zugespielt worden. Darin taucht der Name von Jair Bolsonaro auf. Franco war eine lesbische, linke und schwarze Stadtverordnete in Rio de Janeiro. Am 14. März 2018 wurde sie in Rios Zentrum von einem Killer erschossen. Bis heute ist nicht aufgeklärt, wer den Mord in Auftrag gegeben hat.
Den mutmaßlichen Schützen und den Fahrer des Tatwagens fasste die Polizei im März 2019. Es sind ein ehemaliger Polizist und ein ehemaliger Militär, die für Rios rechtsgerichtete Milizen tätig waren. Der Schütze lebte im gleichen Villenviertel wie Präsident Bolsonaro. Es gibt ein Foto, das den Fahrer des Attentäters mit Bolsonaro zeigt. Der sagt, all das sei Zufall. Er habe sich während seines politischen Lebens mit Tausenden Menschen fotografieren lassen. Er könne ja nicht alle Leute kennen, die in seinem Viertel wohnten.

Bolsonaro beschuldigt Rios Gouverneur

Explosiv ist nun der Auszug aus den Ermittlungsakten. Darin sagt ein Sicherheitsmann des Villenviertels, dass der Fahrer am Abend der Tat am Tor des gesicherten Viertels um Einlass gebeten habe. Als Ziel habe er das Haus Nummer 58 angegeben. Dort wohnt Bolsonaro. Der Vorgang ist im Besucherbuch vermerkt. Der Sicherheitsmann habe angerufen und Bolsonaro habe geantwortet, dass er den Einlass erlaube. Der Fahrer holte dann aber offenbar seinen Komplizen in einem anderen Haus ab, um Marielle Franco zu ermorden.
Die Geschichte hat allerdings einen großen Haken: Bolsonaro war an jenem Tag im Parlament in Brasilia. Trotzdem lauten die Fragen nun: Irrt sich der Sicherheitsmann, der die Nummer von Bolsonaros Haus im Besucherbuch eintrug? Und wer hat ihm dann geantwortet? Ein weiteres Rätsel: Wer spielte Globo die Informationen zu? Darauf hat Präsident Jair Bolsonaro bereits eine Antwort. Er beschuldigt Rios Gouverneur Wilson Witzel, der wie Bolsonaro ein strammer rechter Politiker ist. Witzel werden Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt.

Bolsonaro lobt rechte Milizen

Fest steht bisher lediglich, dass Bolsonaro immer wieder die rechten Milizen lobte, zu denen die Mörder Francos gehören. Als Konsequenz aus den Enthüllungen hat der Präsident nun dem Globo-Konzern angedroht, dessen Sendelizenz im Jahr 2022 nicht zu verlängern. In seinem Video rief er mehrfach: „Das ist ein Schurkenstück, TV Globo, ihr Schweinehunde. Ihr seid keine Patrioten. Ihr seid nichts wert. Die Wahrheit ist auf meiner Seite.“

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