Erste Regierungserklärung des Linken in Thüringen: Bodo Ramelow gibt den Staatsmann
Die Revolution bleibt aus: In der ersten Regierungserklärung des Linken Bodo Ramelow in Thüringen ist von Schuldenbremse und Klimaschutz die Rede. CDU und AfD werten Rot-Rot-Grün in trotzdem als „politischen Sündenfall“.
Thüringen sei bereits das grüne Herz Deutschlands, jetzt solle es auch „das bunte Herz“ werden. Mit diesen Worten hat der vor einer Woche gewählte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) am Freitag seine Regierungserklärung geschlossen. Sein Vortrag war insgesamt zwar nicht mehr als eine eingedampfte Version des Koalitionsvertrags. Aber das Bemerkenswerte dieses Vormittags im Erfurter Landtag bestand auch vielmehr darin, dass erstmals in Deutschland ein Regierungschef von der Linkspartei das Programm seiner Koalition vorstellte.
Ramelow gilt als gewiefter, rhetorisch beschlagener und auf Attacke gepolter Oppositionsführer. Dass ein Amt – und zwar innerhalb einer Woche – einen Mann prägt, ließ sich aber schön beobachten. Brav hielt er sich meist ans Redemanuskript. Von Attacke keine Spur, statt Kontra nur noch Pro. Die heftigste Kritik war sein Seitenhieb auf die AfD: „Wir brauchen keine Alternative gegen Europa.“
Offenbar steht das 24 Jahre von der CDU regierte Thüringen nicht vor dem großen Umbruch. Natürlich gibt es Veränderungen bei Themen, die im linken politischen Spektrum wichtig sind. So war es die erste Amtshandlung der neuen Regierung, das Abschieben von Flüchtlingen in den Wintermonaten zu untersagen. Zudem wird der Kampf gegen den Rechtsextremismus mit mehr Geld ausgestattet. Die Abschaltung der V-Leute verdient als einziges Vorhaben vielleicht das Attribut revolutionär. Dies ist aber auch dem Umstand geschuldet, dass der Thüringer Verfassungsschutz wegen seines Versagens bei den NSU-Terroristen besonders in Verruf geraten ist.
Bei Themen, die für einen Großteil der 2,2 Millionen Thüringer unmittelbar Bedeutung haben, setzt Ramelow auf Kontinuität oder Verbesserungen, die auch die neue Opposition CDU unterstützen kann. So bekräftigte er, dass seine Regierung keine neuen Schulden mache. Rot-Rot-Grün will jedes Jahr 500 neue Lehrer einstellen, eine Verwaltungs- und Gebietsreform durchziehen und die Energiewende vorantreiben. Bereits bis zum Jahr 2020 soll Thüringen seinen kompletten Energieverbrauch immerhin zu 35 Prozent aus Erneuerbaren decken.
So sehr gibt Ramelow schon den Staatsmann, dass ihn der neue Oppositionsführer Mike Mohring (CDU) aufzog, bei seiner ersten Begegnung mit Kanzlerin Angela Merkel „gebuckelt“ zu haben. Mohring will an diesem Samstag CDU-Landeschef werden. In seiner Gegenrede zur Regierungserklärung war er so angriffslustig wie einst Ramelow. Mohring, aber auch der Fraktionschef der rechtspopulistischen AfD, Björn Höcke, bezeichneten Rot-Rot-Grün als „politischen Sündenfall“. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion sieht zudem die Gefahr, dass Thüringen im Zusammenspiel von Bund und Ländern in eine Außenseiterrolle geraten könnte. Als Beispiel nannte er die geplante Verfassungsschutzreform ohne V-Leute.
Dass der smarte 42-Jährige jedoch umstritten ist, etwa weil er mit der AfD flirtet, bekam er Anfang der Woche noch einmal amtlich bestätigt. Beim CDU-Bundesparteitag in Köln wurde er nämlich nicht wieder in den Bundesvorstand gewählt. Rot- Rot-Grün sei eine „Koalition der Verlierer“, rief Mohring. Seine CDU-Fraktion donnerte dazu mit den Händen auf die Abgeordnetenpulte.
Eike Kellermann