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Die Liste erlaubt Rückschlüsse auf Spionageziele der NSA in Deutschland und anderen europäischen Staaten.
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Bundesverwaltungsgericht: BND muss nicht über NSA-Spähliste informieren

Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss den Medien keine Auskunft über die umstrittene Spionageliste des US-Geheimdienstes NSA geben. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Pressevertreter haben keinen Anspruch darauf, dass der Bundesnachrichtendienst (BND) ihnen Auskunft zur sogenannten Selektorenliste des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA) erteilt. Einer Offenlegung stünden "berechtigte schutzwürdige Interessen" des BND entgegen, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. Geklagt hatte eine Tageszeitung. Die Liste erlaubt Rückschlüsse auf Spionageziele der NSA in Deutschland und anderen europäischen Staaten. (AZ: BVerwG 6 VR 1.15)

Der BND will keine Auskünfte zu seiner operativen Arbeit geben

Selektoren sind Suchbegriffe, mit denen der BND für die NSA in Europa Daten aus Internetleitungen und Satellitenverbindungen gesammelt hat. Die Zeitung bat den BND um Auskunft dazu, welche Unternehmen mit Sitz in Deutschland und welche deutschen Staatsangehörigen auf der Selektorenliste der NSA gestanden hätten. Außerdem wurde gefragt, welche Unternehmen und Personen der BND von der Liste gestrichen und welche er darauf belassen und abgehört habe. Der BND lehnte die Beantwortung dieser Fragen ab. Er äußere sich zu operativen Aspekten seiner Arbeit nur gegenüber der Bundesregierung und den geheim tagenden Gremien des Bundestags, teilte der Geheimdienst mit. Die Zeitung stellte daraufhin einen Antrag auf einstweilige Anordnung, den das Bundesverwaltungsgericht nun ablehnte.

Ein Auskunftsanspruch ergebe sich nicht aus dem Grundrecht der Pressefreiheit, führten die Leipziger Richter aus. Dieses Recht verleihe der Presse zwar einen verfassungsunmittelbaren Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden, soweit die Landespressegesetze nicht anwendbar seien. Für operative Vorgänge im Bereich des BND, also die Beschaffung und Auswertung von Informationen mit außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung, seien Auskünfte an die Presse aber generell ausgeschlossen, ohne dass es einer Abwägung mit den Informationsinteressen der Presse bedürfe.

Wegen der Spähliste gibt es seit Monaten Streit

Um außen- und sicherheitspolitisch relevante Erkenntnisse zu gewinnen, sei der BND in vielen Fällen auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten angewiesen, erklärte das Bundesverwaltungsgericht. Die Zusammenarbeit setze voraus, dass die beteiligten Dienste sich darauf verlassen könnten, "dass von ihnen für geheimhaltungsbedürftig angesehene Informationen auch von der anderen Seite geheim gehalten werden".

Die Selektorenliste des NSA sorgt seit Monaten auch zwischen Bundesregierung und Bundestag für Streit. Die Regierung weigert sich, den Mitgliedern der Geheimdienst-Kontrollkommission des Parlaments die Liste zur Verfügung zu stellen. Auch der NSA-Untersuchungsausschuss erhält keine Einsicht. Die Geheimdienstkommission prüft eine Klage beim Bundesverfassungsgericht. (epd)

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