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Spezialeinheiten des Kosovo sind an der Grenze aufmarschiert.
© Reuters

Grenzkonflikt zwischen Serbien und Kosovo: Bizarrer Streit um Auto-Kennzeichen eskaliert

Panzer und Blockaden rufen ungute Erinnerungen an die Zeit der Balkankriege vor 30 Jahren wach.

Panzerfahrzeuge und Blockaden, knatternde Helikopter und schwer bewaffnete Helmträger: Nicht nur der Truppenaufmarsch auf beiden Seiten von Kosovos Nordgrenze zu Serbien, sondern auch die immer schärfere Rhetorik Belgrads ruft bei manchen in der Region bereits ungute Erinnerungen an das blutige Kriegsjahrzehnt wach. Sie fühle sich an 1991 erinnert, kommentiert besorgt die serbische Oppositionspolitikerin Sanda Raskovic Ivic das „Waffengerassel“: „Doch wir haben alle genug geblutet – und verloren.“

Serbiens Verteidigungsminister Nebojsa Stefanovic rechtfertigt den verstärkten Truppenaufmarsch an der von Belgrad als „administrative Linie“ bezeichneten Grenze zum Kosovo mit der von Präsident Aleksandar Vucic angeordneten „Erhöhung der Kampfbereitschaft“. „Serbiens Armee ist bereit, das Volk zu verteidigen“, sagte Stefanovic.

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Ein bizarrer Streit um Kfz-Kennzeichen zwischen dem seit 2008 unabhängigen Kosovo und Serbien droht aus dem Ruder zu laufen. Weil Serbien außer der Eigenstaatlichkeit auch die Kfz-Zeichen seiner Ex-Provinz nicht anerkennt, müssen kosovarische Kraftfahrer schon seit einem Jahrzehnt bei Fahrten ins Nachbarland die Nummernschilder abmontieren und gegen provisorische serbische Kennzeichen tauschen. Anfang vergangener Woche zog Pristina nach und erklärte die serbischen Kfz-Zeichen für illegal.

Schwer bewaffnete Einheiten im Einsatz

Seitdem sorgen mehrere hundert schwer bewaffnete Sondereinsatzkräfte von Kosovos Polizei an der Nordgrenze dafür, dass keine Fahrzeuge mit serbischen Kennzeichen in den überwiegend serbisch besiedelten Nordkosovo gelangen. Umgekehrt blockieren erboste Kosovo-Serben vermutlich auf Anweisung Belgrads seitdem die Zufahrtsstraßen zu den Grenzübergängen Jarinje und Brnjak – und sich selbst. „Die Barrikaden bereiten niemandem Probleme außer den Serben“, ätzt Serbiens früherer, der Opposition nahestehende Kosovo-Minister Goran Bogdanovic. Serbiens Präsident Aleksandar Vucic versuche wieder einmal, eine Niederlage in einen vermeintlichen Sieg umzuwandeln.

Offiziell begründet Kosovo das neue Grenzregime mit dem Auslaufen einer 2011 vereinbarten Übergangsregelung: Da Serbien keine Anstalten gemacht habe, über die Anerkennung von Kosovos Kennzeichen zu verhandeln, sei nun das Prinzip der Gegenseitigkeit in Kraft getreten. Einen weiteren Grund für Pristinas verschärfte Gangart wittern Analysten in Kosovos Kommunalwahlen im Oktober. Premier Albin Kurti versuche, seine bescheidene Bilanz mit einem härteren Auftritt gegenüber Belgrad aufzupolieren.

Auch in Serbien steigen im Frühjahr Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Deshalb lässt Präsident Vucic keine Gelegenheit aus, sich als allgewaltiger Schutzherr aller Serben zu profilieren. Belgrad werde ein „Progrom“ an den Kosovo-Serben nicht zulassen, polterte Vucic diese Woche im TV-Pink und sprach selbst von einem 24-stündigen Ultimatum an die Nato, die Serben in Kosovo zu schützen. Die verstärkten Patrouillen der internationalen KFOR-Schutztruppe an Kosovos Nordgrenze scheinen indes eher als Signal und Erinnerung an Belgrad gedacht. Nach dem Kosovo-Krieg 1999 verpflichtete sich das damalige Jugoslawien, alle Armee- und Polizeitruppen aus Kosovo abzuziehen. Die indirekte Drohung einer Militärintervention hat Belgrad derweil nicht nur mit demonstrativen Flügen von Kampfflugzeugen und Armee-Helikoptern, sondern auch mit einem Truppenbesuch des russischen Botschafters in Grenznähe unterstrichen. Als „Theateraufführung für das Volk“, kritisiert die Zeitung „Danas“ das.

EU und Nato rufen zur Zurückhaltung auf

Die einfachste Lösung wäre es, die Grenzgänger beider Staaten zu verpflichten, das Länderkennzeichen abzukleben. Doch wo kein Gespräch, da keine Einigung. Die EU- und US-Appelle zur Deeskalation der Lage verhallen bisher ungehört. Der von Brüssel seit 2011 moderierte Dialog der unwilligen Nachbarn wirkt klinisch tot. Eine Militärintervention Serbiens ist zwar kaum wahrscheinlich, aber zum Opfer des verbissenen Autoschilderstreits könnte Serbiens albanische Minderheit werden. Er sei zwar dagegen, die Grenzübergänge zwischen Serbiens albanisch besiedelten Presevo-Tal und Kosovo zu schließen, sagt Vucic: „Aber wir könnten das tun. Die Idee gibt es.“ Thomas Roser

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