Er will der wütenden Jugend eine Stimme geben: Linksnationalist Kurti gewinnt Wahl in Kosovo
Die radikale Opposition unter ihrem charismatischen Spitzenkandidaten hat die Abstimmung im Kosovo deutlich gewonnen. Sein Ziel: Die Korruption zu bekämpfen.
Die Linksnationalisten haben die Parlamentswahl im Kosovo überraschend deutlich gewonnen. Womöglich bildet die Vetevendosje (VV) - "Selbstbestimmung" - nun erneut die Regierung in Pristina. Von dort war die Partei 2020 nach nur wenigen Monaten an der Spitze vertrieben worden. Doch die VV setzte erneut auf Kosovos wütende Jugend - und gewann.
Spitzenkandidat und Wahlsieger ist der frühere Studentenführer und Kurzzeit-Premier Albin Kurti. Nachdem 90 Prozent der Wahlzettel am Montag ausgezählt wurden, konnte VV circa 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Damit hätte Kurtis Partei ihr Wahlergebnis seit der letzten Wahl 2019 fast verdoppelt.
Die Demokratische Partei Kosovos (PDK), die Partei früherer Milizionäre im Kosovo-Krieg, sowie die konservativere LDK erkannten ihre Niederlage an. Der scheidende Ministerpräsident Avdullah Hoti (LDK) stellte "konstruktive Opposition" in Aussicht.
Den traditionellen Großparteien warf Kurti neben der grassierenden Korruption zu große Nähe zu den USA vor. In den Augen vieler VV-Anhänger ist Kosovo nach wie vor ein Protektorat internationaler Mächte.
Kurti, 45 Jahre, fordert zudem Serbien gegenüber einen harten Kurs. Als Studentenaktivist saß Kurti in Haft, damals gehörte Kosovo als albanisch dominierte Provinz zu Serbien.
Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 50 Prozent
In Pristina versammelten sich noch am Sonntagabend jubelnde VV-Unterstützer. Nach der letzten Wahl 2019 hatte Vetevendosje nach zähen Verhandlungen eine Koalition mit der LDK gebildet. Nach weniger als zwei Monaten stürzte Kurti durch ein von der LDK initiiertes Misstrauensvotum, angeblich hatten die USA Druck ausgeübt. Doch die LDK-Übergangsregierung unter Hoti musste nach einem Urteil des Verfassungsgerichts ihrerseits gehen.
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Vetevendosje organisierte in den ersten Jahren militante Proteste. Die aktuelle Wahl sei ein "Referendum über Gerechtigkeit und Beschäftigung, gegen Korruption und die Ausbeute der staatlichen Ressourcen" gewesen, sagte Kurti. Seine Prioritäten lägen bei "der Gerechtigkeit und Arbeit". Die Jugendarbeitslosigkeit in Kosovo liegt bei circa 50 Prozent. Kaum irgendwo dürften so viele Bürger von internationalen Organisationen - Nato, Uno, EU, GIZ - abhängen.
Kurtis VV dürfte auch deshalb so erfolgreich gewesen sein, weil sie mit der Übergangspräsidentin Vjosa Osmani eine Allianz bildete. Die erst 38 Jahre alte Osmani trat aus der konservativen LDK aus. Der Nachrichtenagentur AFP sagte sie vor der Wahl: "Ich glaube, es ist an der Zeit, dass das Kosovo nicht nur von einer neuen, jüngeren Generation von Politikern geführt wird."
Obwohl Kurti im Umgang mit der slawischen Minderheit als Hardliner gilt, drängt er seit Jahren darauf, die mafiösen Netzwerke alter UCK-Milizionäre abzulösen. Ehemalige Kommandeure der Kosovarischen Befreiungsarmee UCK haben, so der verbreitete Vorwurf, den jungen Staat unter sich aufgeteilt.
Kosovo seit 2008 unabhängig
Die nationalistische UCK galt auch im Westen zunächst als Terrortruppe. Gegen hohe Politiker, die ihr einst angehörten, wird wegen Kriegsverbrechen ermittelt.
Nach dem Kosovo-Krieg 1999, in den Nato-Staaten zugunsten der UCK-Separatisten eingriffen, erklärte sich Kosovo 2008 für unabhängig. Auch die Bundeswehr ist noch mit Soldaten in dem 11.000 Quadratkilometer kleinen Land aktiv. Mehr als 70 UN-Mitglieder erkennen Kosovo nicht an, sondern betrachten es als Region Serbiens. Der Konflikt mit den serbischen Gemeinden in Nordkosovo ist ungelöst.
Kurti pflegt enge Kontakte zu nationalistischen Politikern in Albanien, er besuchte auch in Deutschland immer wieder die albanisch-kosovarischen Exilgemeinden.
Einigen gilt die VV als "großalbanische" Partei, die langfristig eine Vereinigung mit dem Nachbarland oder gar mit allen mehrheitlich albanischen Regionen anstrebt. Dies beträfe nicht nur Kreise in Südserbien, sondern viele Orte im Nachbarland Nordmazedonien.
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