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Mobile Wahlurnen sollen vor allem Alten und Kranken die Stimmabgabe erleichtern. Doch die Ergebnisse sind oft ungenau.
© dpa

Ukraine: Bestechung und Manipulation vor der Wahl

In der Ukraine wird Ende Oktober ein neues Parlament gewählt. Im Vorfeld prangern Beobachter vermehrt Wählerbestechung und Manipulation an: Mal sind es technische Anlagen, meist Lebensmittelpakete oder auch Straßensanierungen, die ihnen Stimmen sichern sollen.

Im Vorfeld der ukrainischen Parlamentswahlen Ende Oktober verzeichnen Beobachter einen sprunghaften Anstieg von Wählerbestechung und Stimmenkauf. Mehrere Organisationen schlagen Alarm und fordern von Parteien und Politikern einen fairen demokratischen Wahlkampf. Vitali Teslenko, Vorsitzender des Wählerausschuss der Ukraine – einer NGO, die sich seit Jahren mit der Beobachtung von Wahlkämpfen und Wahlen beschäftigt –, spricht von „einem alarmierenden Ausmaß an Bestechung von Wählern“. Auf einer Pressekonferenz in Kiew berichtete er, nicht nur seine Organisation, sondern auch zahlreiche andere Wahlbeobachter hätten seit Anfang der Wahlkampagne Ende August landesweit unzählige, teilweise schwerste Verstöße gegen das Wahlgesetz verzeichnet. Anders als bei den Präsidentschaftswahlen Ende Mai dieses Jahres sei der Parlamentswahlkampf „ein Rückfall in alte Zeiten.“

Kandidaten versprechen sich Geld und Immunität

Die Gründe lägen auf der Hand: „Viele Kandidaten kämpfen um den Wiedereinzug ins Parlament und ziehen dieses Mal als Parteilose in die Schlacht“, beschreibt Teslenko das Szenario. Gemeint sind vor allem frühere Mitglieder der Ex-Regierungspartei und deren Bündnispartner. Für diese Kandidaten, in den allermeisten Fällen Geschäftsleute, diene der Sitz in der Rada nicht nur dem wirtschaftlichen Interesse, sondern bedeute auch die Sicherheit, durch die Immunität als Abgeordnete nicht von der Staatsanwaltschaft belangt werden zu können. Diese Gruppe hat in den vergangenen Monaten erfolgreich jede Änderung am Wahlrecht und die Durchsetzung unbequemer Reformen im Parlament verhindert.

Mobile Wahlurnen sind umstritten

Jeden Tag dokumentieren auch die Wahlbeobachter von Opora Versuche, die Wähler zu bestechen. Das jüngste Beispiel kommt aus der Region Charkiw. Dort hatte der Direktkandidat des Bezirks 175, Volodimir Kazuba, in der städtischen Musikschule einen Wahlkampftermin. Als Gastgeschenk brachte er eine Mikrofonanlage mit. Der Gegenwert liegt zwar umgerechnet bloß bei etwa 130 Euro, doch auch diese kleinen Geschenke sind gesetzlich verboten. Kazuba hat bei seinem Auftritt in der Musikschule auch auf die Möglichkeit hingewiesen, von der „mobilen Wahlurne Gebrauch zu machen, vor allem für die Älteren sei das bequem,“ sagte der Politiker.

Eigentlich sollte diese Wahlmöglichkeit per Gesetz verboten werden, weil sie in den vergangenen Jahren immer wieder zu massivem Wahlbetrug geführt hat. Die regionalen Wahlkommissionen schicken am Wahltag ehrenamtliche Helfer mit Wahlurnen in Wohnungen oder in Krankenhäuser, damit Alte und Kranke ihr Stimmrecht wahrnehmen können. Die Zahlen, die die lokalen Wahlkommissionen aus diesen Urnen erhalten und später an die Zentrale Wahlleitung nach Kiew melden, gelten traditionell als hochgradig ungenau. Bei den Präsidentschaftswahlen im Februar 2010, einem kalten Wintertag, meldeten einige Wahlbezirke, über 50 Prozent der Wahlberechtigten hätten von zu Hause aus abgestimmt.

Medikamente und Wodka

Für Nikolai Pundik geht es dieses Mal ums Ganze. Der frühere Partei-der-Regionen-Mann tritt in Odessa an, die Hafenstadt gilt als schwer umkämpft. Zahlreiche, vor allem prominente Politiker wie Ex-Minister Nestor Schufritsch und der frühere Bürgermeister Eduard Hurwitz, gehen dort an den Start. Pundik kam auf die Idee, der regionalen Klinik für Diabeteskranke Medikamente zu spendieren und von den Krankenhausräumen aus seinen Wahlkampf zu organisieren.
Weit verbreitet bei Wahlauftritten ist die Ausgabe von Lebensmitteln oder Kleidungsstücken an potenzielle Wähler. Landesweit kann man derzeit beobachten, dass in den Ortschaften, bevor der Kandidat die Bühne betritt, Mitarbeiter Schaulustige ansprechen und ihnen „ein Geschenk“ anbieten. Meist handelt es sich einfach um Lebensmittelpakete, bestehend aus einer Packung Buchweizen, Dosenmilch, einem halben Liter Wodka, Wurst oder Käse. Interessierte werden dann zu einem Fahrzeug gebracht, von wo aus die milden Gaben verteilt werden. Die auf diese Weise Beschenkten verpflichten sich, am Wahltag mit ihrem Handy ein Foto vom ausgefüllten Wahlzettel per SMS an eine ihnen genannte Nummer zu schicken. Von alten Menschen oder Leuten ohne Handy wird der Gebrauch der mobilen Wahlurne verlangt. Die Personalien werden notiert.
In den Wahlkreisen der als „VIP-Politiker“ bezeichneten Kandidaten, wie etwa dem Sohn von Präsident Poroschenko, Alexej, werden vor Wahlauftritten auch schon mal größere Bauarbeiten beobachtet. So wird beispielsweise eine Straße neu geteert, bevor der Kandidat seine Rede hält. Anderswo bringen Bauarbeiter Gehwege in Ordnung oder reinigen eine verwahrloste Parkanlage.

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