Parteitag der AfD: Bernd Lucke setzt sich durch - demnächst nur ein Chef
Bernd Lucke hat auf dem Parteitag der AfD in Bremen durchgesetzt, dass die Partei bald nur noch einen einzigen Chef hat. Ob er das sein wird, ist aber unklar. Konrad Adam sagt, er habe sich wie ein Vorstand "bestenfalls zweiter Klasse" gefühlt.
Mit einer emotionalen Ansprache an seine Partei hat einer der Vorsitzenden der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, an diesem Wochenende die Machtfrage gestellt. Beinahe auf den Tag genau zwei Jahre nach ihrer Gründung forderte Bernd Lucke, die AfD in Zukunft nur noch mit einem Vorsitzenden zu führen. Und er ließ keinen Zweifel daran, diese Position für sich zu beanspruchen. Bisher hat die AfD neben Lucke zwei weitere gleichberechtigte Sprecher, die sächsische Landtagsabgeordnete Frauke Petry und den Publizisten Konrad Adam.
Gut 1700 Mitglieder trafen sich an diesem Wochenende in Bremen zu einem Parteitag, um über eine neue Parteisatzung zu beschließen, in deren Zentrum die künftige Führungsstruktur der AfD steht. Zwar stimmten die Mitglieder der Partei am Samstagnachmittag mit großer Mehrheit Luckes Forderung zu, die AfD bis zum Herbst mit zwei und danach mit einem Bundesvorsitzenden zu führen. Ob Lucke sich mit seinem Vorstoß allerdings als aussichtsreichster Kandidat dafür empfohlen hat, blieb offen.
In seinem Plädoyer für die Einführung einer einzelnen Führungsposition stellte Lucke der Arbeit des bisherigen Vorstandes der Partei ein negatives Zeugnis aus. Als „stümperhaft“ bezeichnete er, dass der AfD-Vorstand keine mittelfristige politische Planung habe erstellen und keine strategischen Beschlüsse habe fassen und durchsetzen können. Aus seiner Sicht habe es keine ausreichende Koordinierung der Arbeit und zu wenig Kommunikation der Vorstandsmitglieder untereinander gegeben. Dies habe zu Meinungsverschiedenheiten der drei Sprecher geführt, die in der Öffentlichkeit das Bild einer zerstrittenen Partei gezeichnet hätten.
Bernd Lucke beklagt sich über die anderen Vorstandsmitglieder
Ausdrücklich beklagte Lucke, dass einzelne Vorstandsmitglieder ihre „persönliche Meinung“ zu politischen Themen geäußert und sich nicht an Beschlüsse der Partei gehalten hätten. „Die einzige Gefahr, die uns droht“, sagte Lucke, „geht von uns selbst aus.“ Ausdrücklich mahnte er mit Blick auf den Ruf einer rechtskonservativen Richtung der AfD: „Unser Erfolg ist damit verbunden, welches Ansehen wir in der Mitte der Gesellschaft genießen und nicht an den Rändern.“
Neben diesem Appell an „mehr Effizienz in der Parteiarbeit“ sprach Lucke von „persönlicher Enttäuschung“ und davon, dass „die Grenzen körperlicher und psychischer Leistungsfähigkeit erreicht“ seien, wenn er die Koordinierung der Arbeit mehrerer Parteivorsitzender und zusätzlich seine Arbeit als Europa-Abgeordneter zu leisten habe. „Ich war der Ausputzer“, warf Lucke den Mitgliedern der AfD-Führung vor und sagte deutlich: „So werde ich nicht weiter machen.“ Bereits am Freitagabend hatte Lucke in Bremen darauf hingewiesen, dass er nach dem Parteitag darüber entscheiden wolle, ob er überhaupt noch einmal als AfD-Sprecher kandidieren wolle. Die Partei will die Führung im April neu wählen und plant für den November den ersten Programm-Parteitag.
Frauke Petry werden Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt
Nachdem Lucke für seine Ansprache, die er zunächst unter Ausschluss der Öffentlichkeit halten wollte, minutenlangen Applaus erhalten hatte, wiesen die AfD-Sprecher Petry und Adam die Argumente Luckes zurück. Von „verständlichem Frust“ Luckes sprach Petry und dass Bernd Lucke „das Gesicht des Bundestagswahlkampfes 2013 war“ und schließlich davon, dass sich in Zukunft andere Personen in der Partei entwickeln müssten. Zwar bekannte sich Petry zu der mit Lucke und Adam gefundenen Übergangsregelung, nach der bis zum November-Parteitag zwei und danach ein einzelner Sprecher die Partei führen soll. Gleichzeitig sagte sie, eine pluralistische Partei wie die AfD müsste auch von mehreren Personen geführt werden. Petrys dezidiertes Eintreten für Meinungspluralität wurde von den Mitgliedern mit großem Applaus beantwortet, ihr werden Ambitionen auf das Amt der alleinigen Bundesvorsitzenden nachgesagt. Konrad Adam warf Lucke vor, er ziele nur auf eine Machtkonzentration ab. Für sich selbst zog Adam ein verbittertes Resumee der Vorstandsarbeit. Es habe unter Lucke Vorstandsmitglieder erster und zweiter Klasse gegeben, und er selbst habe sich oft wie ein Vorstand „bestenfalls zweiter Klasse“ gefühlt.