Rechtsextremismus-Debatte: Berliner AfD-Chef Pazderski will eigene Partei "reinigen"
Berlins AfD-Chef Pazderski will seine Partei einem "Reinigungsprozess" unterziehen. Zuvor hatte Seehofer angekündigt, Beamte in der AfD prüfen zu wollen.
Es könnte heikel werden für Beamte in der AfD. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lässt untersuchen, wie das Engagement von Staatsdienern bei den Rechtspopulisten disziplinarisch zu bewerten ist. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, die Dienstrechtsabteilung habe einen Prüfauftrag erhalten. Es gehe um die „Verhaltenspflichten“ für Beamte „und ob über disziplinarische Maßnahmen nachgedacht werden muss“. Seehofer will aber nicht nur Staatsdiener in den Blick nehmen, die in der AfD sind, sondern auch Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, die linksradikal agieren. In vier bis acht Wochen, heißt es im BMI, soll es ein „Prüfergebnis geben“.
Die Debatte um extremistisch eingestellte Beamte hat sich durch das Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur AfD verschärft. Der Nachrichtendienst hatte im Januar die Gesamtpartei zum „Prüffall“ für eine Beobachtung wegen „erster Anhaltspunkte“ für eine Politik gegen die demokratische Grundordnung erklärt. Zwei Vereinigungen in der AfD, die „Junge Alternative (JA)“ und „Der Flügel“, wurden noch härter bewertet und als „Verdachtsfall“ eingestuft. Vor allem Bundesbeamte, die sich bei JA und „Flügel“ einsetzen, könnten Probleme bekommen. Erst recht, wenn sie bi Polizei und anderen Sicherheitsbehörden arbeiten. Seehofers Prüfauftrag sei „prinzipiell schlüssig“, sagte der Chef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler. Polizisten hätten einen Eid auf die Verfassung abgelegt.
Das BMI verweist auf das Bundesbeamtengesetz, in dem Beamten „Grundpflichten“ auferlegt sind. Die Staatsdiener müssen sich „durch ihr gesamtes Verhalten“ zur demokratischen Grundordnung bekennen. Bei politischer Betätigung ist „Mäßigung“ geboten. Das BfV bescheinigt der JA „hinreichend gewichtige Anhaltspunkte“ für eine extremistische Bestrebung, dem „Flügel“ sogar „stark verdichtete Anhaltspunkte“.
Nichts befürchten müssen Beamte, die für die AfD in Landtagen und Bundestagen sitzen
Beamte, die für die AfD in Landtagen und Bundestag sitzen, haben jedoch erstmal nichts zu befürchten. Während der Zeit im Parlament „ruht“ das Beamtenverhältnis. Das BMI will keine pauschale Überprüfung von Staatsdienern. „Es dürfte Einzelfallentscheidungen geben.“
Nach der Einstufung seiner Partei zum Prüffall hat AfD-Bundesvize Georg Pazderski dazu aufgerufen, die AfD einem „Reinigungsprozess“ zu unterziehen. „Wir haben sehr lange zugeschaut, dass sich bestimmte Entwicklungen in der Partei durchgesetzt haben, wo wir nicht oder nicht stark genug eingeschritten sind“, sagte Pazderski am Dienstag in Berlin. Nun komme es darauf an, „verwirrte Köpfe mit rechtsradikalem oder verschwörungstheoretischem Gedankengut“ loszuwerden. Verschiedene Mitglieder der AfD hätten versucht, „die Partei zu schädigen“, sagte der Berliner AfD-Chef weiter. Mit Blick auf die Prüfungen der Verfassungsschutzbehörden gab er zu: „Wir haben sicherlich auch einen Teil der Schuld daran, dass es überhaupt so weit kommen konnte.“
Pazderski, der den laut eigener Aussage „moderaten Kurs“ seines eigenen Landesverbandes lobte, vermied es, Namen zu nennen. Er sprach von einer „relativ kleinen Gruppe, einer sehr schädlichen Minderheit, die in der Partei nichts zu suchen hat“. In deren Richtung formulierte er: „Wem die Entwicklung innerhalb der Partei nicht schmeckt, soll sich eine andere Partei suchen.“ Seine Partei ermahnte er: „Wir müssen entschieden gegen diese Leute vorgehen.“
Die Aussagen Pazderskis dürften sich vor allem auf Mitglieder des „Flügels“ beziehen. Anhänger der vom thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke geleiteten Gruppe hatten in der Vergangenheit immer wieder Tabubrüche begangen und die Partei weiter radikalisiert. Nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz den „Flügel“ und die JA zum Verdachtsfall erklärt haben, können beide Gruppierungen dementsprechend mit eingeschränkten nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Pazderski erklärte: „Der Flügel kann eine wichtige Rolle in der Partei spielen, indem er die AfD nach rechts abdichtet.“ Er erwarte vom „Flügel“, „dass er ganz klar Position gegenüber solchen Leuten bezieht und würde mir wünschen, dass vom Flügel ganz klare Worte gesprochen werden“.