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Ein Rentner füllt seine Steuererklärung aus. (Symbolbild)
© dpa/Lino Mirgeler
Update

Bundesfinanzhof zu Doppelbesteuerung: Bei vielen Rentnern kassiert der Staat zu viel, vor allem bei künftigen

Der Bundesfinanzhof hält die Berechnung der Rentensteuer für falsch. Vor allem Selbstständige, Männer, Singles und künftige Rentner profitieren.

Millionen Menschen können sich Hoffnung darauf machen, für ihre Renten weniger Steuern zahlen zu müssen. Das ergibt sich aus einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs vom Montag.

Zwar haben die höchsten deutschen Finanzrichter die konkrete Klage eines Steuerberaters und eines Zahnarztes wegen des Vorwurfs der Doppelbesteuerung zurückgewiesen. Es liege in beiden Fällen keine Doppelbesteuerung vor, weshalb die Revisionen unbegründet seien, betonte die Vorsitzende des X. Senats, Jutta Förster, bei der Urteilsverkündung (Az: X R 33/19.

Für viele andere Menschen könnte das Urteil dagegen eine echte Entlastung bringen. Das betrifft vor allem Berufstätige, die erst noch in Rente gehen werden. Bei den Menschen, die bereits eine Rente beziehen, dürften vor allem diejenigen profitieren, die erst seit kurzem in Rente sind. Das betrifft vor allem frühere Selbstständige, Singles, Männer und künftige Rentnerjahrgänge können sich Hoffnung auf sinkende Steuern machen. Denn Förster betonte, dass in vielen Fällen sehr wohl eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliegen könnte, weil die steuerliche Entlastung bei der Beitragszahlung geringer ist als die Besteuerung der Renten.

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Die Richter legten erstmals eine konkrete Formel für die Berechnung der doppelten Besteuerung fest, von der in Zukunft zahlreiche Rentner betroffen sein werden.

Ein Rentner füllt seine Steuererklärung aus und tippt zur Berechnung Zahlen in einen Tischrechner
Ein Rentner füllt seine Steuererklärung aus und tippt zur Berechnung Zahlen in einen Tischrechner
© Lino Mirgeler/dpa

Danach darf die Summe der steuerfreien Rente nicht niedriger sein als die Summe der Beitragszahlen aus versteuertem Einkommen. Bei der Berechnung der steuerfreien Rente rechnet das Gericht die statistische Lebenserwartung und damit die voraussichtliche Rentenbezugsdauer hoch. Dabei wird auch eine mögliche Hinterbliebenenrente des Ehepartners einberechnet.

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Anders als von der Finanzverwaltung bisher geschehen, dürfen die Finanzämter aber nur auf die Rente selbst schauen und auf die Frage, wie hoch der Freibetrag des Rentners ist beziehungsweise wie hoch der steuerpflichtige Anteil der Rente ist. Der Grundfreibetrag, die Werbungskostenpauschale oder steuerfreie Sozialversicherungsbeiträge dürfen nicht einberechnet werden.

Übergangsphase von 35 Jahren ist strittig

In Deutschland beziehen mehr als 20 Millionen Menschen Rente. Seit 2005 läuft eine schrittweise Umstellung der Rentenbesteuerung, die erst 2040 abgeschlossen sein soll. Vor 2005 wurden „vorgelagert“ die Rentenbeiträge der Arbeitnehmer besteuert, seither läuft die Umstellung auf eine „nachgelagerte“ Besteuerung der ausgezahlten Rente, analog zu den Beamtenpensionen.

Strittig ist die Regelung der 35-jährigen Übergangsphase. In dieser Zeit steigt schrittweise die Besteuerung der ausgezahlten Rente, während die Steuerlast der Rentenbeiträge während des Arbeitslebens sinkt. Das komplizierte Prozedere hatte von Anfang an zu Vorwürfen geführt, dass der Bund durch die Hintertür eine doppelte Besteuerung der Renten einführe und in Summe zu viel kassieren.

Rentner können sich per Einspruch gegen ihren Steuerbescheid wehren. Allerdings erwarten Experten nun auch auch eine politische Lösung, die den Bedenken des Gerichts Rechnung trägt. Das Bundesfinanzministerium kündigte an, die Rentenbesteuerung ändern zu wollen. Zusammen mit der ohnehin geplanten Reform der Einkommensteuer könne man die 100-prozentige Absetzbarkeit der Vorsorgeaufwendungen von 2025 auf 2023 vorziehen, sagte Staatssekretär Rolf Bösinger. "Für die SPD ist klar, dass es weder für heutige noch für künftige Rentnergenerationen zu einer Doppelbesteuerung ihrer Renten kommen darf", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD, Lothar Binding, dem Tagesspiegel.

Linke will Druck machen

Die Linke kündigte an, die Rentenbesteuerung im Wahlkampf nach vorne rücken und Druck machen zu wollen. "Viele Menschen empfinden die aktuelle Art der Rentenbesteuerung als ungerecht", sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch dem Tagesspiegel. Dass inzwischen faktische Armutsrenten besteuert würden, sei inakzeptabel. "Ein sinkendes Rentenniveau darf nicht noch auf eine steigende Steuerlast treffen. Kleine und mittlere Renten müssen generell vor der Steuer geschützt werden", sagte Bartsch..

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