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Großbritannien soll am 29. März die EU verlassen. Aber ganz sicher ist das nicht.
© AFP

Wissenschaftliche Analyse: Bei Brexit-Verlängerung muss Großbritannien Europawahlen abhalten

Könnte Großbritannien bei einer Brexit-Verschiebung die Europawahlen ausfallen lassen? Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat da Bedenken.

Mit dem Brexit sei es „wie vor Gericht und auf hoher See“, sagte jüngst EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker dem Tagesspiegel. Wegen der anhaltenden Hängepartie um den EU-Austrittsvertrag, der immer noch nicht die entscheidende Hürde im Londoner Unterhaus genommen hat, wollte Juncker sogar eine Teilnahme der Briten an der Europawahl im Mai nicht ausschließen.

Nicht nur Juncker würde es allerdings für einen „Treppenwitz der Geschichte“ halten, wenn Großbritannien jetzt noch einmal an der Europawahl teilnähme, obwohl sich die Menschen im Vereinigten Königreich im Juni 2016 beim Referendum mehrheitlich gegen die Europäische Union ausgesprochen haben. Großbritannien werde nicht bei den Europawahlen im Mai dabeisein, weil das Vereinigte Königreich am 29. März aus der EU ausscheiden werde, kündigte der Staatssekretär im Brexit-Ministerium, Martin Callanan, am Dienstag an.

Aber was passiert, wenn sich die Gespräche über den EU-Austrittsvertrag doch über den 29. März hinaus hinziehen und sich London und die Europäische Union auf eine Verlängerung der Brexit-Frist um drei Monate bis Juni einigen sollten? In der Verlängerungsfrist könnten dann beide Seiten die Trennung besiegeln, und angesichts der absehbaren Scheidung würden die Europawahlen in Großbritannien einfach nicht mehr stattfinden. Denn schließlich, so lautet die Überlegung weiter, wäre Großbritannien ja zum Zeitpunkt der Konstituierung des neuen Europaparlaments im kommenden Juli aus der Gemeinschaft ausgeschieden.

Brüssel könnte ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten

Vor genau diesem Szenario wird nun in einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags gewarnt, die dem Tagesspiegel vorliegt. Sollte Großbritannien zum Zeitpunkt der Europawahl im Mai noch Mitglied der EU sein und die Europawahlen nicht durchführen, „wären die Wahlrechte der britischen Staatsbürger verletzt“, heißt es dort. Und nicht nur die: Auch Deutschen und anderen EU-Bürgern, die im Vereinigten Königreich leben, würde das „Recht verwehrt, in ihrem Aufenthaltsstaat ihr aktives und gegebenenfalls passives Wahlrecht ausüben zu können“.

Sollte Großbritannien trotz seiner EU-Mitgliedschaft auf die Europawahl verzichten, könnte dies nach Ansicht des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages gravierende rechtliche Folgen haben. „Möglich erscheint daher die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen das Vereinigte Königreich durch die Kommission beziehungsweise einen Mitgliedstaat“, heißt es in der Analyse.

Andererseits dürften sich Europawahlen wegen des nötigen Verlaufs in Großbritannien kaum mehr organisieren lassen. Die „effektive Durchführung“ einer Europawahl im Vereinigten Königreich sei im kommenden Mai „mit Blick auf die logistischen und administrativen Herausforderungen zweifelhaft“, ist in der Analyse weiter zu lesen.

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