Feuertod in Dessauer Polizeizelle: Behörden lehnen neue Ermittlungen im Fall Jalloh ab
Der Tod des 2005 in einer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh bleibt ungeklärt. Der Fall wird trotz einer Beschwerde nicht neu aufgerollt.
Die Ermittlungen zum Feuertod eines Asylbewerbers in einer Polizeizelle in Sachsen-Anhalt werden nicht wieder aufgenommen. Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Sachsen-Anhalt teilte am Donnerstag in Naumburg mit, dass die Beschwerde von Hinterbliebenen Jallohs gegen die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft Halle vom 12. Oktober 2017 als unbegründet abgewiesen wurde. Das Ermittlungsverfahren zum Fall bleibe somit eingestellt.
„Ein Tatverdacht gegen benannte oder unbenannte Polizeibeamte des Polizeireviers Dessau oder gegen sonstige Dritte besteht nicht“, teilte die Generalstaatsanwaltschaft nach Auswertung sämtlicher Verfahrensakten mit. Dazu wurde ein mehr als 200 Seiten umfassender Prüfbericht erstellt. Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad sagte, es hätten sich „keine beweisbaren Anhaltspunkte ergeben, die eine Entzündung der Matratze durch Jalloh ausschließen können und eine Entzündung durch Polizeibeamte oder durch Dritte belegen“. Jalloh sei „an den Folgen eines inhalativen Hitzeschocks verstorben, den er, zumindest nicht widerlegbar, selbst herbeigeführt hat“.
Beweise für eine Fremdtötung oder gar für ein Mordkomplott seien nicht vorhanden, erklärte der Generalstaatsanwalt. Es mangele sowohl an einem Motiv als auch an der zeitlichen Gelegenheit dafür. Bei der These „Oury Jalloh, das war Mord“ handele es sich um eine „rein spekulative Mutmaßung“. Nach allen Gutachten und unter Berücksichtigung von mehr als 120 Zeugenaussagen könne eine eigenhändige Entzündung der Matratze durch Jalloh nicht ausgeschlossen werden. Zu diesem Ergebnis sei bereits das Landgericht Magdeburg im rechtskräftigen Urteil vom 13. Dezember 2012 gelangt.
Die Unterstellung eines „institutionellen Rassismus“ sei aus der Luft gegriffen, heißt es weiter. „Irgendgeartete Hinweise darauf, Jalloh könnte aus rassistischen Gründen getötet worden sein, liegen evident nicht vor.“ Zudem existierten auch keine Beweise dafür, dass Dessauer Polizeibeamte an zwei weiteren Todesfällen 1997 und 2002 ursächlich beteiligt gewesen seien.
Nach der Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft ist theoretisch noch eine Klageerzwingung am Oberlandesgericht Naumburg durch Jallohs Hinterbliebene möglich. Dieses Gericht müsste dann prüfen, ob das Abweisen der Beschwerde durch den Generalstaatsanwalt begründet und rechtmäßig war. Eine Klageerzwingung muss binnen eines Monats eingereicht werden. Unabhängig davon könnte auch die Generalstaatsanwaltschaft, der das Verfahren übertragen wurde, neue Ermittlungen aufnehmen, wenn neue Beweise auftauchen sollten, die einen Tatverdacht begründeten.
Weitere Untersuchungen in Auftrag gegeben
Der aus Sierra Leone stammende Asylbewerber Jalloh starb am 7. Januar 2005 wenige Stunden nach seiner Inhaftierung bei einem Brand in einer Dessauer Polizeizelle gefesselt an einer Matratze. Der Fall konnte bislang nicht aufgeklärt werden. Ende Oktober hatte eine im Januar gegründete private Expertenkommission aus Rechtsanwälten, Brandexperten, Sachverständigen, Ärzten und zivilgesellschaftlichen Akteuren erklärt, den Fall und weitere Todesfälle im Auftrag der Familie Jallohs und mehrerer zivilgesellschaftlicher Organisationen aufklären zu wollen, weil dies von staatlicher Seite nicht zu erwarten sei.
Die sachsen-anhaltischen Koalitionsfraktionen von CDU, SPD und Grünen haben indes auch den Rechtsanwalt Jerzy Montag (Grüne) und den früheren Münchner Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel beauftragt, die Akten zum ungeklärten Tod des Asylbewerbers zu untersuchen und zu bewerten. Sie hatten angekündigt, die Arbeit aber erst aufzunehmen, wenn die Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg das Verfahren abgeschlossen hat. Die Berater sollen prüfen, ob es noch offene Ermittlungsansätze gibt und ob die zuständigen Ermittlungsbehörden bei der Aufklärung unzulässig beeinflusst wurden. (epd)