Unterschiedliches Vorgehen in der Krise: Behindert Föderalismus den Kampf gegen das Coronavirus?
Sollen Großveranstaltungen abgesagt werden? Der unterschiedliche Kurs der Länder ruft die Zentralisten auf den Plan.
Gerhard Schröder kann die Unterschiede auch nicht verstehen. Dortmund sage Fußballspiele ab, Leipzig nicht. „Das ist eine Geschichte, die man ändern muss“, sagte der Altkanzler im Berliner Salon des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in seiner Fehleranalyse zur Coronakrise.
„Wir sehen, dass der Föderalismus an seine Grenzen kommt.“ Schröder ist schon früher, als er regierte, in verfassungspolitischen Fragen gern grundsätzlich geworden . Man dürfe den Bundesstaat nicht zum Staatenbund umbauen, lautete seine Befürchtung, als in seiner zweiten Amtszeit die Föderalismuskommission einige Lockerungen zu Lasten der Oberzentrale in Berlin erwog.
Seine Nachfolgerin tritt da etwas anders auf. „Föderalismus ist nicht dafür da, dass man Verantwortung wegschiebt, sondern Föderalismus ist dafür da, dass jeder an seiner Stelle Verantwortung wahrnimmt“, sagte Angela Merkel am Mittwoch. Und betonte pragmatisch: „Wir arbeiten mit der Rechtslage, die wir haben.
Alles andere kann man mal später diskutieren.“ Sie wolle da niemanden an den Pranger stellen. Das Land Berlin hat ja nun – mit Verzögerung – auch Veranstaltungen von mehr als tausend Personen abgesagt. So wie es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) empfohlen hatte.
Der Bund ist Gesetzgeber
Die Rechtslage in Fällen wie der Coronakrise ist eindeutig: Zuständig als Gesetzgeber ist der Bund. Der Bundestag und die jeweilige Regierung machen die entscheidenden Gesetze. 2001, Schröder wird sich vielleicht erinnern, beschloss seine rot-grüne Bundesregierung das auch heute geltende Infektionsschutzgesetz.
Es hat den Zweck, übertragbaren Krankheiten vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Aber natürlich braucht es dafür ausführende Organe, also eine Exekutive. Die Verwaltung und damit die Umsetzung von Bundesgesetzen ist aber in Deutschland Sache der Länder, was immerhin den Vorteil hat, dass es große Bundesbehörden nicht braucht.
Beim Infektionsschutz wiederum haben die örtlichen Gesundheitsämter eine wichtige Rolle, und ganz oben als Koordinierungsorgan das vom Bund eingesetzte Robert-Koch-Institut.
Auf das Zusammenwirken kommt es an
Es kommt also auf das Zusammenwirken aller Ebenen an. Das muss nicht zwangsläufig einheitlich sein, denn den Behörden der Länder und Kommunen steht beim Umsetzen des Bundesgesetzes natürlich ein Spielraum zu – sonst könnten sie ja nicht in eigener Verantwortung entscheiden und würden stets darauf warten, bis das Signal aus dem im Zweifelsfall fernen Berlin kommt. Das gilt auch für die Größe von zu untersagenden Veranstaltungen.
Deutschland befindet sich laut Spahn jetzt in einer Situation, in der ein einheitliches Vorgehen gegen die Ausbreitung des Coronavirus nötig ist. Der Föderalismus stehe dem nicht im Weg, da alle Behörden zusammen agieren würden.
Zur Bekämpfung des Virus gebe es eine große Bereitschaft zur Zusammenarbeit, auch „jenseits dessen, wo jetzt formale Zuständigkeiten sind“. Es kommt also auch darauf an, wie eine Bundesregierung mit den Ländern und den unteren Behörden umgeht – wie sie also die Möglichkeiten der koordinierenden Funktion nutzt, die sie hat.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Carsten Schneider, ein bekennender Zentralist, hätte gern ein stärkeres Durchgriffsrecht des Bundes, das klare Anweisungen möglich macht, gerade beim Absagen von Veranstaltungen. „Jeder Kreisamtsarzt hat mehr zu sagen, als der Bundesgesundheitsminister“, meint Schneider überspitzt.
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