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Plakat der G8-Gegner in München
© dpa

Schulreform: Bayern streitet über Turbo-Abitur

Heute startet in Bayern das Volksbegehren gegen das achtjährige Gymnasium. Trotz verbreiteter Wut darüber ist fraglich, ob es die nötige Zahl von Unterschriften bekommt.

Der Streit um die Zukunft des bayerischen Gymnasiums verschärft sich weiter. Von Donnerstag an läuft das Volksbegehren gegen das ziemlich einhellig als missglückt angesehene achtjährige Gymnasium. Kritisiert werden die Überforderung und der viel zu hohe Druck auf die Schüler bis zum „Turbo-Abi“. Dies führe vielfach dazu, dass die Gymnasiasten praktisch keinerlei Freizeit mehr haben. Initiatoren des Volksbegehrens sind die im Landtag vertretenen Freien Wähler (FW). Sie fordern, dass die einzelnen Schulen sich entscheiden können, ob es acht oder neun Jahre bis zum Abitur dauert. „Jedem Schüler die geeignete Schule“, lautet das Motto von FW-Chef Hubert Aiwanger und dem Bildungspolitiker Michael Piazolo, der mittlerweile eine Art Volksbegehren-Spezialist geworden ist.

Seehofer will Schulfrieden

Zwei Wochen lang können sich die Bayern in die Wahllisten eintragen, die in den Rathäusern ausliegen. Beteiligen sich zehn Prozent der Wahlberechtigten, das sind etwa 930 000 Bürger, so wird über den Vorschlag ein Volksentscheid abgehalten.
Für die CSU kommt das Volksbegehren äußerst ungelegen. Vor der Landtagswahl im vergangenen Herbst hatte Ministerpräsident Horst Seehofer noch verkündet, dass es keine weiteren Schulreformen geben werde. Er beugte sich dann aber dem wachsenden Druck und will nun in Runden Tischen einen „bayerischen Schulfrieden“ erreichen. Ergebnisse sollen aber erst im Herbst vorliegen.

Das G9 war eine Hauruck-Aktion Stoibers

Die Tendenz der Staatsregierung geht zu einem modifizierten G 9 mit der Möglichkeit für sehr gute Schüler, das Gymnasium schon in acht Jahren zu bewältigen. So sieht es auch der Bayerische Philologenverband, der mittlerweile der wichtigste Ratgeber Seehofers in dieser Angelegenheit ist. Faktisch entmachtet wurde bei diesem Thema Bildungsminister Ludwig Spaenle, in dessen Zuständigkeit die Schulpolitik fällt. Das G 8 war vor zehn Jahren in einer Hauruck-Aktion vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber durchgesetzt worden. Ob nun das Zehn-Prozent-Quorum erreicht wird, gilt als sehr fraglich.

Auch Gegner der Reform sind skeptisch

Die Freien Wähler haben keine größeren Organisationen dazu motivieren können, sich dem Volksbegehren anzuschließen. Kritisiert wird an dem FW-Konzept vor allem, dass es zu Chaos und vermehrter Bürokratie führen würde, wenn sich die Schulen für G 8 oder G 9 entscheiden sollten. Auch müssten Schüler womöglich weite Wege in Kauf nehmen, um zur Schule ihrer Wahl zu gelangen. Die weiteren Oppositionsparteien SPD und Grüne unterstützen die Freien Wähler nicht – jeder hat ein eigenes Schulkonzept. Während die SPD zu einem G 9 mit Ausnahmen tendiert, halten die Grünen die Dauer der Schulzeit für zweitrangig. Sie wollen insgesamt eine „neue Kultur des Lernens“.

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