Nach Brandanschlag auf Asylunterkunft: Bautzen kämpft um seinen Ruf
Hatte der Brandanschlag auf eine Asylunterkunft in Bautzen keinen fremdenfeindlichen Hintergrund? Die Stadt befeuert Spekulationen - und verärgert so die Ermittler.
In Bautzen nährt die Stadt Zweifel daran, dass der Brandanschlag im Februar auf die noch unbewohnte Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Hotel "Husarenhof" einen fremdenfeindlichen Hintergrund hatte. Die "Sächsische Zeitung" berichtete unter Berufung auf ein Gespräch mit dem Sprecher der Stadtverwaltung, André Wucht: Es werde "davon ausgegangen, dass die Tat nicht politisch motiviert war, weil der gelegte Brandsatz relativ professionell angefertigt war und zusätzlich genau platziert war. Nicht wie in anderen Fällen, die eine politische Motivation hatten".
Die Ermittlungsbehörden in Sachsen verärgern diese Aussagen. Vermutet wird, dass es der Stadt darum geht, ihr Image aufzupolieren, das wegen des Brandanschlages erheblichen Schaden genommen hat. Schaulustige hatten das Feuer bejubelt, einige behinderten die Rettungskräfte bei ihrer Arbeit.
"Die Ermittlungen sind nicht abgeschlossen. Bevor nicht alle Ergebnisse auf dem Tisch liegen, beteiligen wir uns nicht an Spekulationen", sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, Wolfgang Klein, dem Tagesspiegel. Er fügte hinzu: "Ich halte nichts davon, Wasserstandsmeldungen abzugeben, die nur geringe Zuverlässigkeit haben."
LKA-Sprecher: Professionalität des Brandsatzes sagt nichts aus
Auch der Sprecher des sächsischen Landeskriminalamtes, Tom Bernhardt, sagte: "Unser oberstes Gebot ist immer die Neutralität und ein umfassender Blick auf alle denkbaren Möglichkeiten. Eine etwaige Anmerkung, dass die ,Professionalität' des Brandsatzes nicht zu den meist verwendeten ,einfachen' Tatmitteln aus dem Bereich der politisch motivierten Kriminalität passt, ist eine empirische Feststellung." Eine Bewertung, ob die Tat einen politischen Hintergrund gehabt habe oder nicht, lasse sich daraus nicht ableiten. "Es spielt für die Gutachter unseres Hauses keine Rolle, welche Motivation der Tat zu Grunde liegt." Von der Beschaffenheit eines Brandsatzes lasse sich nicht auf die Motivation schließen. Diese Frage spiele bei der Klärung der Brandursache auch keine Rolle. Die Gutachter des Landeskriminalamts hatten kürzlich ein Gespräch mit dem Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens geführt.
Wucht erläuterte auf Tagesspiegel-Anfrage, er habe sich in dem Interview mit der "Sächsischen Zeitung" - es wurde von einem Schüler-Reporter geführt - auf die Aussage der LKA-Ermittler im Gespräch mit dem Oberbürgermeister bezogen, die "nicht mehr ausschließlich" von einem politischen Motiv ausgehen würden. Es gebe "mehrere" mögliche Motive für die Tat.
Die CDU diskutiert: "... oder eher doch nichts gewesen?"
Die Aussagen des Stadt-Sprechers passen zum Versuch einflussreicher Kommunalpolitiker in Bautzen, die Ereignisse vom Februar zu relativieren. Für kommenden Mittwoch hat der CDU-Stadtverband zu einem Stammtisch eingeladen, bei dem "Augenzeugen" ihre Sicht auf die Geschehnisse darlegen wollen. Das Motto lautet: "Beifall, Schaulustige oder eher doch nichts gewesen?“ Stadt-Sprecher Wucht will bei der CDU-Veranstaltung Details aus einer Analyse vorstellen, die die Stadt in Auftrag gab, um das - überwiegend negative - Medienecho untersuchen zu lassen. Vertreter von Polizei, Feuerwehr, Medien, Sicherheitsunternehmen sowie Anwohner sollen den Tag des Brandes "aus ihrem eigenen Erleben" schildern.
Der Brandanschlag im Februar hatte Bautzen national und international in die Schlagzeilen gebracht - Touristen stornierten anschließend bereits gebuchte Übernachtungen. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte in einer spontanen Reaktion über die jubelnden Menschen in Bautzen: "Das sind keine Menschen, die so etwas tun."
Im März trat der Landkreis vom Mietvertrag für das ehemalige Hotel zurück. Ein Großteil der Gebäude sei derzeit nicht nutzbar und eine Teilnutzung unwirtschaftlich, hieß es zur Begründung aus dem Landratsamt. Im April wurden drei junge Männer aus Bautzen und Umgebung angeklagt, die die Löscharbeiten behindert haben sollen. Ursprünglich sollten Ende März rund 300 Asylbewerber in das Gebäude einziehen.