Feuer im Amazonasbecken: Bauern begehren gegen Bolsonaro auf
Die Amazonas-Brände schaden auch Brasiliens Farmern. Die Reaktionen im Ausland lassen sie um ihre Exporte nach Europa fürchten.
Die riesigen Feuer im Amazonasbecken lassen auch Brasiliens Bauern nervös werden. Sie haben die entsetzten Reaktionen auf die Brände im Ausland, insbesondere in Europa, mitbekommen und fürchten nun, dass ihnen Absatzmärkte verloren gehen könnten. Denn in so gut wie allen Berichten werden sie für die Brände mitverantwortlich gemacht.
Der Vorwurf lautet: Viele Bauern brennen Amazonaswald ab, um ihre Anbau- und Weideflächen illegal auszudehnen. So zutreffend das in vielen Fällen ist, so stimmt es natürlich auch, dass die meisten Bauern in Brasilien sich an die Gesetze halten, zumal wenn sie nicht im Amazonasbecken anbauen.
Von Präsident Jair Bolsonaro würden sich die Bauern in dieser Situation wünschen, dass er beschwichtigend auf Brasiliens Handelspartner einwirkt. Stattdessen aber gießt der Präsident Öl ins Feuer und provoziert, wann und wo er kann.
Angela Merkel, so sagt er beispielsweise, solle sich doch lieber um die Aufforstung Deutschlands kümmern, als sich in die inneren Angelegenheiten Brasiliens einzumischen. „Der Amazonas gehört uns!“, sagt Bolsonaro. Soll heißen: Wir können damit machen, was wir wollen, egal ob das Weltklima von dem Riesendschungel abhängt.
Amazonasbrände: Weniger Lärm aus dem Präsidentenpalast
Diese Polterei passt Brasiliens Landwirten nun immer weniger. Beispielhaft für sie steht Blairo Maggi, Brasiliens größter Sojabauer und ehemaliger Landwirtschaftsminister. Er hat gesagt, dass er sich weniger Lärm aus dem Präsidentenpalast wünschen würde. Brasilien laufe Gefahr, seine Abnehmer in Europa zu vergraulen. Maggi, der selbst 2005 von Greenpeace den Anti-Preis „Goldene Kettensäge“ für seine Umweltsünden verliehen bekam, sagte, dass man es geschafft habe, die Produktion mit dem Umweltschutzdiskurs zu versöhnen. Dieser Erfolg werde nun von Bolsonaro aufs Spiel gesetzt.
Tatsächlich gibt es in Europa bereits Boykottaufrufe gegen brasilianische Agrarprodukte. Sogar der wirtschaftsfreundliche britische „Economist“ schlug unter dem Titel „Totenwache für den Amazonas“ vor, dass die westlichen Konsumenten Fleisch und Soja boykottieren sollten, die auf illegal gerodeten Flächen produziert wurde. Die Zeitschrift forderte: „Die Welt sollte Herrn Bolsonaro klar machen, dass sie seinen Vandalismus nicht akzeptiert.“
Skepsis gegenüber Freihandelsabkommen
Nicht zu unrecht fürchten Brasiliens Bauern auch, dass nun das Freihandelsabkommen zwischen der EU und der südamerikanischen Handelsunion Mercorsur scheitern könnte. Es garantiert ihnen besseren Zugang zum Markt Europas. Der Knackpunkt: Die einzelnen Länderparlamente sowie das EU-Parlament müssen den Vertrag noch ratifizieren.
Insbesondere bei den Franzosen herrscht Skepsis. Sie würden ihren Landwirten gerne die Konkurrenz des Agrargiganten Brasilien ersparen. Die Brände im Amazonas und Bolsonaros feindliche Rhetorik sind nun gute Gründe für sie, das Freihandelsabkommen abzulehnen. Tatsächlich enthält es Klauseln zum Umweltschutz, die verhindern sollen, dass Agrarprodukte nach Europa kommen, die auf frisch gerodetem Amazonasdschungel angebaut wurden.
Es ist wohl auch Frankreichs Skepsis gegenüber dem Freihandelsabkommen, die hinter dem Vorschlag des französischen Präsidenten Emanuel Macron steckt, Brasilien zum Thema auf dem kommenden G-7-Gipfel zu machen.
Für Brasiliens Bauern kommt all das extrem ungelegen. Sie zweifeln zunehmend daran, ob Bolsonaro noch der beste Vertreter ihrer Interessen ist. Im Wahlkampf gehörte Brasiliens Agrarindustrie zu seinen größten Unterstützern . Er hatte ihnen versprochen, mit der Ausweisung neuer Indio-Reservate Schluss zu machen, weil die Ureinwohner häufig Land beanspruchen, das die Bauern bewirtschaften.
Er hatte ihnen auch zugesagt, Brasiliens Landlosenbewegung zu bekämpfen, mit denen die Großgrundbesitzer in ständigem Konflikt stehen. Nicht zuletzt hat Bolsonaros Regierung in kürzester Zeit fast 300 neue Pestizide zugelassen. Und er wollte sie von Umweltauflagen befreien. Nun merken Brasiliens Bauern, wie wichtig im internationalen Handel Image und Nachhaltigkeit geworden sind.