Gesundheit: Bahr will strengere Kontrollen bei Organspenden
Nach den Skandalen von Göttingen und Regensburg sollen die Kontrollen bei Organtransplantationen verschärft und Manipulationen härter bestraft werden. Darauf haben sich Politiker, Ärzte und Kassen bei einem Spitzentreffen verständigt.
Als Konsequenz aus den mutmaßlichen Organspendeskandalen von Göttingen und Regensburg sollen die Kontrollen bei Organtransplantationen in Deutschland verschärft und Manipulationen härter bestraft werden. „Wir werden nicht akzeptieren, dass Einzelne durch ihr Fehlverhalten das Vertrauen in die Organspende infrage stellen“, sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr am Montag in Berlin nach einem Spitzentreffen mit Vertretern von Ländern, Krankenkassen, Krankenhäusern und Ärzteverbänden. Gleichzeitig betonte der FDP-Politiker, dass für die erforderlichen Verbesserungen „keine neue Superbehörde“ nötig sei. Die Teilnehmer wandten sich damit gegen Forderungen von Patientenschützern und Opposition, die Organspende ganz in staatliche Hände zu legen. An diesem Dienstag will Bahr mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen über gesetzliche Nachbesserungen beraten.
Der Absprache zufolge sollen künftig alle Transplantationszentren regelmäßig und unangekündigt kontrolliert werden. Die bisher geheim gehaltenen Prüfberichte der Bundesärztekammer werden nun einmal pro Jahr veröffentlicht. Bonuszahlungen für höhere Leistungsmengen sollen aus den Arbeitsverträgen von Transplantationsmedizinern gestrichen werden. Außerdem soll ein „Mehr-Augen-Prinzip“ Manipulationen bei der Aufnahme von Patienten auf die Wartelisten verhindern. An der Entscheidung darüber sollen nun immer mindestens drei Ärzte beteiligt sein – darunter auch ein Mediziner, der nichts mit der Materie zu tun hat. Und Transplantationen in Eilfällen, bei denen die Wartelisten-Reihenfolge umgangen werden kann, sollen künftig besser und nachvollziehbarer dokumentiert werden.
Video: Bessere Kontrollen für Transplantationen
In die Kritik ist die Transplantationsmedizin wegen des Verdachts der Manipulation bei der Zuteilung von Organen an Patienten in den Unikliniken in Göttingen und Regensburg geraten. Ausgewählten Patienten sollen dort Spenderorgane verschafft worden sein, indem Daten über ihren Krankheitszustand manipuliert wurden. Dadurch rückten sie auf der Warteliste weiter nach oben. Im Verdacht stehen drei Mediziner, gegen die Staatsanwälte ermitteln. Ob dafür Geld geflossen ist, steht noch nicht fest.
Nach Angaben der Bundesärztekammer hat es bei rund 50 700 Organverpflanzungen seit dem Jahr 2000 insgesamt 119 Auffälligkeiten und 31 Verstöße gegen die Richtlinien gegeben. 21 davon waren so gravierend, dass sie an staatliche Behörden weitergemeldet wurden. Die Erkenntnisse gehen auf Stichproben zurück. Die Ärztekammer veröffentlichte den Bericht am Montag, nachdem sie sich zuvor geweigert hatte. Unter den 21 Vorfällen sind auch die Manipulationen am Regensburger Transplantationszentrum. Der Göttinger Fall ist noch nicht dokumentiert.
Video: Prominente setzen sich für Organspenden ein
Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz der Länder, Andreas Storm (CDU), betonte nach dem Treffen, dass die Länder sich aktiver an den Kontrollen beteiligen werden. Möglichkeiten dafür eröffneten sich durch das neue Transplantationsgesetz, das seit August in Kraft ist. „Davon muss Gebrauch gemacht werden“, sagte Storm. Gesundheitsminister Bahr kündigte an, dass Bund und Länder künftig auch im Aufsichtsgremium der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) Sitz und Stimme erhalten. Die Stiftung koordiniert die Organspenden in Deutschland.
Rainer Woratschka