„Erneute Aggression hätte einen hohen Preis“: Baerbock fordert friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt – und warnt Russland
Bundesaußenministerin Baerbock ist zu Besuch in Kiew. Sie sucht eine diplomatische Lösung der Ukraine-Krise. Waffenlieferungen erteilte sie eine Absage.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat sich bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba für eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts ausgesprochen. „Denn Diplomatie ist der einzig gangbare Weg“, sagte die Grünen-Politikerin am Montag mit Blick auf ukrainische Ängste vor einem Angriff Russlands. „Wir haben einen langen Atem“, betonte sie. Deutschland sei bereit zum Dialog mit Russland.
Baerbock sagte mit Blick auf ukrainische Forderungen nach deutschen Waffenlieferungen, dass es darum gehen müsse, die Krise nicht weiter eskalieren zu lassen, sondern mit diplomatischen Mitteln zu lösen. Zugleich betonte die Politikerin: „Jede erneute Aggression hätte - das haben wir zum wiederholten Male unterstrichen – einen hohen Preis.“
Die EU und die USA haben für den Fall eines möglichen Überfalls Russlands auf die Ukraine mit scharfen Sanktionen gedroht. Baerbock sprach sich dafür aus, dass so bezeichnete Normandie-Format für die Lösung des Konflikts wieder mit Leben zu füllen. Deutschland und Frankreich vermitteln dabei in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland.
Baerbock kündigte an, dass sie in Kürze mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian die Kontaktlinie im Konfliktgebiet Donbass besuchen wolle, um sich dort ein Bild von der Lage zu machen. Die Situation dort sei „mehr als bedrückend“ vor allem jetzt im Winter, sagte sie nach einem Gespräch bei der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Kiew. Baerbock sagte: „Wir brauchen Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarung.“
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) forderte Russland auf, eindeutige Schritte hin zu einer Deeskalation zu unternehmen. Die Lage beunruhige die Regierungen in Berlin und Madrid und sei „sehr, sehr ernst“, sagte Scholz in Madrid bei einer Pressekonferenz mit Ministerpräsident Pedro Sánchez.
„Eine militärische Aggression gegen die Ukraine würde schwerwiegende politische wie auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Deshalb ist es unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, dass eine solche Entwicklung vermieden werden kann, unter der am Ende ja doch alle leiden müssen“, warnte Scholz. Zur Forderung der Ukraine nach Waffenlieferungen aus Deutschland äußerte sich Scholz zurückhaltend.
Russland will nichts mit Hackerangriff auf Ukraine zu tun haben
Ein in Minsk (Belarus) vereinbarter Friedensplan liegt zurzeit auf Eis. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, gegen das Abkommen zu verstoßen. Mehr als 14.000 Menschen sind nach UN-Schätzungen im Donbass seit 2014 bei Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten getötet worden. Unter anderem die EU und die USA haben gegen Russland Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts verhängt.
Mit Blick auf einen größeren Cyberangriff auf Internetseiten der ukrainischen Regierung bot Baerbock an, Experten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zur Unterstützung und Aufklärung bereitzustellen. Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, mit der Hackerattacke etwas zu tun zu haben.
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Im Zentrum der Gespräche in der Ukraine dürften neben dem russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze Forderungen Kiews nach deutschen Waffenlieferungen und dem Stopp der Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland stehen.
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Vor ihrer Abreise hatte die Grünen-Politikerin Baerbock am Montag erklärt: „Wir sind bereit zu einem ernsthaften Dialog über gegenseitige Vereinbarungen und Schritte, die allen in Europa mehr Sicherheit bringen, auch Russland.“ Es könnten aber keine Abstriche bei Grundprinzipien wie der territorialen Unverletzlichkeit, der freien Bündniswahl und dem Verzicht auf Gewaltandrohung gemacht werden.
Russland sieht sich durch die Nato in seiner Sicherheit bedroht, fordert deshalb ein Ende der Nato-Osterweiterung und insbesondere einen Verzicht auf die Aufnahme der Ukraine. Der Westen ist dagegen über den russischen Truppenaufmarsch nahe der Ukraine alarmiert. Baerbock betonte, man sei „entschlossen zu reagieren“, wenn Russland den Weg der Eskalation gehe.
Sie werde ihren Gesprächspartnern genau zuhören, „aber auch in aller Klarheit die Haltung erläutern, die wir in der EU, in den G7 und im transatlantischen Bündnis geschlossen vertreten“, erklärte Baerbock angesichts der bislang ergebnislosen Verhandlungen in verschiedenen internationalen Formaten. „Ich will vor Ort ausloten, ob es die Bereitschaft gibt, auf diplomatischem Weg zu Lösungen zu kommen - vor allem den Normandie-Prozess wieder mit Leben zu füllen und endlich bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen voranzukommen.“
Militärmanöver von Russland und Belarus
Unterdessen planen Russland und Belarus für Februar ein gemeinsames Militärmanöver. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko forderte der staatlichen Nachrichtenagentur Belta zufolge seinen Verteidigungsminister auf, ein genaues Datum festzulegen. „Wir hatten vor, im Februar mit Übungen zu beginnen“, zitierte Belta den Präsidenten am Montag.
„Legen Sie ein genaues Datum fest und lassen Sie es uns wissen, damit uns nicht vorgeworfen wir, dass wir aus heiterem Himmel einige Soldaten zusammengezogen haben, als würden wir uns auf einen Krieg vorbereiten.“
Lukaschenko spielte damit auf Warnungen westlicher Staaten und der Ukraine an, Russland habe an der Grenze zur Ukraine Truppen zusammengezogen und plane eine Invasion. Die Regierung in Moskau hat solche Pläne wiederholt bestritten. Belarus ist ein enger Verbündeter seines direkten Nachbarlandes Russland. Belarus grenzt zudem an die Ukraine sowie an die EU-Staaten und Nato-Mitglieder Polen, Litauen und Lettland. (dpa/AFP)