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Hass auf Militär. Linksextreme Serientäter zündeln seit Jahren in Leipzig. Fahrzeuge der Bundeswehr waren mehrmals Ziel. Auf dem Bild ausgebrannte Lkw im März 2016
© dpa/Jan Woitas
Exklusiv

Mehr als 130 linksextreme Brandanschläge: Autonome in Sachsen zündeln in Serie

Mindestens einmal in zwei Wochen stecken Linksextremisten im Freistaat Fahrzeuge, Baumaschinen oder andere Objekte in Brand. Die Polizei erscheint machtlos.

Sachsen wird von linksextremen Brandanschlägen hart getroffen. Von 2017 bis Mitte Januar 2021 haben linksextremistische Täter im Freistaat mindestens 135 Brandstiftungen verübt. Das teilte das Landeskriminalamt auf eine Anfrage des Tagesspiegels mit. Die Aggressivität in Teilen der Szene ist offenbar nicht zu bremsen. In den Jahren 2017 und 2018 registrierte die Polizei jeweils 30 Fälle, 2019 stieg die Zahl auf 38 Brandstiftungen. Überholt wurde Sachsen 2019 nur von Berlin. Dort hatte sich die Zahl der von Linksextremisten gelegten Brände auf 50 fast verdoppelt.

Die Täter nennen sich "Happy New Fear"

Im Jahr 2020, das geht aus einer Statistik des sächsischen LKA hervor, gab es im Freistaat 36 linksextreme Brandanschläge. Den letzten Anschlag verübten unbekannte Täter wenige Stunden vor dem Jahreswechsel. In der Silvesternacht gingen in Leipzig sieben Geländewagen der Bundeswehr in Flammen auf. Auf der linksextremen Internetplattform „de.indymedia.org“ bekannte sich am Neujahrstag eine Gruppierung oder ein Einzeltäter namens „Happy New Fear“ zu dem Angriff. „Die Bundeswehr verdient unsere Aufmerksamkeit als Element im repressiven Instrumentenkasten des Staates“, hieß es in dem Tätertext.

Danach war eineinhalb Woche Ruhe. In der Nacht zum 11. Januar brannte in Dresden ein Kleintransporter des Immobilienkonzerns Vonovia. Die Polizei hält einen linksextremen Hintergrund für wahrscheinlich. Immobilienunternehmen gehören wie die Bundeswehr, die Polizei sowie der Staat an sich und Rechtsextremisten zu den Feindbildern der Szene. In derselben Nacht wurden zudem in Dresden die Reifen eines Fahrzeugs von Vonovia zerstochen.

Allein 28 Brandstiftungen 2020 in Leipzig

Schwerpunkt der linksextremen Brandanschläge ist allerdings Leipzig. Hier wurden im vergangenen Jahr 28 der insgesamt 36 linksextremen Brandstiftungen im Freistaat verübt. Die Täter zündelten meist an Fahrzeugen, in einigen Fällen waren Baumaschinen das Angriffsziel.

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Den bislang härtesten Anschlag auf die Baubranche in Leipzig verübten Linksextremisten im Oktober 2019. Mutmaßlich Autonome hatten in der Nacht zum Jahrestag der Wiedervereinigung an der Baustelle eines größeren Wohnhausriegels vier Kräne angezündet. Der Schaden belief sich auf mehr als zehn Millionen Euro. Der entsetzte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sprach von einem „Terroranschlag“. Die Täter hätten „kaltblütig, ohne Rücksicht auf das Leben der Nachbarn gehandelt“.

Mehr als die Hälfte der sächsischen Autonomen lebt in der Messestadt

Leipzig gilt schon lange als Hochburg der Autonomen, die Szene ist hier so aggressiv wie sonst nur in Berlin. Weit mehr als die Hälfte der über 400 sächsischen Autonomen, etwa 250, gehörten der Leiziger Szene an, meldete das Landesamt für Verfassungsschutz im Jahresbericht 2019.

Warum trifft es Leipzig, die weltoffene Messestadt? Ein Sprecher des Landeskriminalamts sagt in leicht resignativem Ton, „das ist eine Studentenstadt“. Auch wenn die Masse der Studenten mit den Brandstiftungen nichts zu tun hat, geht die Polizei offenbar von belesenen Tätern aus. „Die linke Szene ist viel klandestiner als die rechte“, sagt der LKA-Mann. Militante Linke „achten darauf, so spurenarm wie möglich vorzugehen“. In Videoaufzeichnungen seien nur „Leute mit schwarzen Kapuzen“ zu sehen, DNA-Spuren gebe es selten. Die Ermittlungen der Polizei gehen nach linksextremen Brandstiftungen meist ins Leere.

Polizei konnte nur eine Tat aufklären

„Die Aufklärungsquote ist alles andere als erfreulich“, sagt der LKA-Sprecher. Zu den 36 Brandanschlägen im vergangenen Jahr konnte die Polizei nur in einem Fall einen Täter ausfindig machen. Er hatte im Mai in Leipzig Mülltonnen angezündet. Bei allen anderen Angriffen steht in der Polizeistatistik „Unbekannte(r) Täter“. Das sei „vergleichbar“ mit den Jahren zuvor, sagt der LKA-Sprecher.

In einem größeren Fall linksextremer Gewalt scheinen die Ermittler allerdings Erfolg zu haben. Im November 2020 nahm die Polizei in Leipzig die Studentin Lina E. fest. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die Frau wegen des Verdachts, einen Trupp von bis zu 15 Autonomen angeführt zu haben, die im Oktober 2019 in Eisenach (Thüringen) das Lokal „Bull’s Eye“, einen Treffpunkt von Rechtsextremisten, angriffen und mehrere Personen schwer verletzten. Die Gruppe soll zudem im Juni 2020 in Leipzig einen Anschlag auf einen mutmaßlichen Neonazi geplant haben. Lina E. sitzt in Untersuchungshaft, die Bundesanwaltschaft wirft ihr die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vor.

Auf die Festnahme von Lina E. folgen Racheakte

Der Fall regt die linksmilitante Szene auf. Im Bekennerschreiben zu dem Brandanschlag auf Bundeswehrfahrzeuge in der Silvesternacht in Leipzig wird „Freiheit für Lina“ gefordert. Und am 11. Januar 2021 explodierte vor dem „Bull’s Eye“ ein Sprengsatz. „Auch wenn diese Örtlichkeit in der Vergangenheit schon Ziel von Angriffen war, ist sie für uns ein Objekt, welches es immer wieder verdient hat angegriffen zu werden“, heißt es im Bekennerschreiben, das bei Indymedia veröffentlicht wurde. Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass weitere Anschläge mit Spreng- und Brandsätzen als Rache für die Inhaftierung von Lina E. folgen.

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