Vorbereitung von Friedensgesprächen: Außenminister Maas äußert Hoffnung auf Frieden in Afghanistan
Vielleicht war die Chance auf Frieden in Afghanistan nie so groß wie heute, meint Heiko Maas. Unterdessen explodiert in Kabul erneut eine Bombe.
Mit breiter Unterstützung aus aller Welt treibt die afghanische Regierung die Vorbereitungen für Friedensverhandlungen voran. Sie habe ein zwölfköpfiges Verhandlungsteam ernannt, teilte Präsident Aschraf Ghani am Mittwoch bei der internationalen Afghanistan-Konferenz in Genf mit. „Wir haben den Frieden verdient“, meinte er vor Diplomaten und Ministern aus 60 Ländern.
Bundesaußenminister Heiko Maas begrüßte die Einladung der radikalislamischen Taliban, die weite Teile des Landes kontrollieren, zu Gesprächen ohne Vorbedingungen. Das sei der einzige Weg mit Aussicht, das Land zu befrieden. Der US-Staatssekretär David Hale rief die Taliban auf, ebenfalls ein Verhandlungsteam zu ernennen.
Allerdings verweigern die Taliban bislang Gespräche mit der Regierung, die sie als „Marionettenregime“ abtun. Sie trafen aber den amerikanischen Afghanistan-Beauftragten Zalmay Khalilzad. Russland hatte Anfang November Vertreter der Regierung und der Taliban in Moskau zusammengebracht. Der russische Außenminister Sergej Lawrow kündigte in Genf Unterstützung für das afghanische Militär an, um den afghanischen Arm der Terrrormiliz Islamischer Staat zu bekämpfen.
„Ich glaube, dass es im Moment eine günstige Gelegenheit ist, vielleicht günstiger als je zuvor, einen dauerhaften Frieden in Afghanistan zu schaffen“, sagte Maas am Rand der Konferenz, wie das Auswärtige Amt auch bei Twitter noch einmal zitierte. „Wenn es um Frieden geht und bei dem, was man in den letzten Jahrzehnten in diesem Land gesehen hat, müssen alle Kräfte, die es dort gibt, einbezogen werden, ansonsten ist der Friede kein echter und wird dann auch nicht lange halten.“ Deutschland unterstützt Afghanistan bis 2020 jährlich mit bis zu 430 Millionen Euro für zivile Projekte.
Absicht der Konferenz war es, Geberländern eine Zwischenbilanz über den Transformationsprozess des durch Jahrzehnte von Bürgerkrieg gebeutelten Landes vorzulegen. Präsident Ghani betonte erneut, dass keine Gruppe mit Terrorverbindungen an dem Friedensprozess teilnehmen könne und dass die Verfassung mit ihrer Garantie der Gleichberechtigung der Frauen unantastbar sei. Taliban-Sprecher hatten sich zuletzt von der Terrororganisation Al-Kaida distanziert.
Ghani und der Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah räumten große Herausforderungen ein. Neben den Konflikten halte die jüngste schwere Dürre Millionen Menschen in Armut gefangen. Sie malten aber eine optimistische Zukunftsvision: Die Regierung habe große Fortschritte im Kampf gegen Korruption und bei der Verbesserung des Investitionsklimas gemacht. 60 Prozent der Afghanen seien unter 25. „Sie wurden im Krieg geboren, sind aber jetzt bereit, unsere Heimat in Frieden und Wohlstand zu führen“, sagte er.
Maas mahnte noch stärkere Reformanstrengungen an. „Unsere Steuerzahler können nur um fortgesetzte Beiträge gebeten werden, wenn die afghanische Regierung bei den Reformen mehr tut, vor allem im Kampf gegen die Korruption und Armut und bei der Verbesserung des Wirtschaftsklimas“, sagte Maas.
Kabul erneut von Bombenexplosion erschüttert
Unterdessen gab es in Kabul erneut eine starke Bombenexplosion. Der Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, erklärte am Mittwoch, die Explosion habe sich vor dem Büro des britischen Sicherheitsunternehmens G4S ereignet. Sie war in weiten Teilen der Hauptstadt zu hören.
Erst vor einer Woche hatte sich in einer Hochzeitshalle an der Flughafenstraße in Kabul ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Dabei kamen mindestens 55 Menschen ums Leben. Es war der 20. große Anschlag in der Hauptstadt in diesem Jahr.
Bei einem Nato-Luftangriff auf Taliban-Stellungen in Afghanistan sind zudem möglicherweise mehrere Zivilisten getötet worden, darunter Frauen und Kinder. Es gehe entsprechenden Berichten afghanischer Behördenvertreter nach, teilte das Verteidigungsbündnis am Mittwoch mit. Nach seinen Angaben hatten afghanische Sicherheitskräfte und ihre US-Berater am Vorabend Unterstützung aus der Luft angefordert, nachdem sie in der südöstlichen Unruheprovinz Helmand von Taliban-Kämpfern mit schweren Waffen angegriffen worden seien.
Nach dem Angriff sei es in dem Gebäude, in das sich die schwer bewaffneten Kämpfer zurückgezogen hätten, zu Explosionen gekommen. "Die Bodentruppen wussten nicht, dass sich in dem Gebäude oder in seiner Nähe Zivilisten aufhielten; sie wussten nur, dass die Taliban es als Kampfbasis nutzten", hieß es in der Erklärung weiter. Die Nato erinnerte daran, dass die Miliz immer wieder Zivilisten, "vor allem Kinder", als menschliche Schutzschilde missbrauche.
Afghanische Behördenvertreter machten unterschiedliche Angaben zur Zahl der zivilen Opfer. Einer von ihnen sprach von mindestens 18 Toten. Unter ihnen seien auch Frauen und Kinder, sagte der Leiter des Provinzrats, Ataullah Afghan.
Zivilisten sind die Haupt-Leidtragenden des seit 17 Jahren andauernden Kriegs am Hindukusch. UN-Angaben zufolge wurden zwischen Januar und September über 8000 Zivilisten getötet oder verletzt. (dpa, AFP)