Verfassungsgericht zum Streitfall Türkei: Ausländische Politiker haben keinen Anspruch auf Einreise
Das Bundesverfassungsgericht zieht Grenzen für Auftritte ausländischer Politiker. Entscheiden darüber müsse die Bundesregierung. Auf Grundrechte könnten sich Staatsfunktionäre dabei nicht berufen.
Das Bundesverfassungsgericht hat Bedingungen formuliert, unter denen ausländische Regierungsmitglieder in Deutschland in amtlicher Funktion auftreten können. Über die Einreiserlaubnis müsse die Bundesregierung entscheiden, heißt es in der am Freitag veröffentlichten Entscheidung. Ausländische Regierungsmitglieder könnten sich bei Auftritten auch nicht auf lediglich Bürgern und nicht Staatsorganen zustehende Grundrechte berufen.
Trotzdem nahmen die Richter die Verfassungsbeschwerde eines deutschen Bürgers nicht zur Entscheidung an, in der dieser gerügt hatte, dass die Bundesregierung dem türkischen Ministerpräsidenten Binal Yildirim im Februar eine Kundgebung in Oberhausen ermöglichte. Der Beschwerdeführer habe nicht hinreichend dargelegt, dass er durch das Unterlassen der Regierung selbst in seinen Grundrechten betroffen sei. (AZ: 2 BvR 483/17)
Werde die Zustimmung verweigert, sei dies eine außenpolitische Entscheidung
Die Verfassungsrichter des Zweiten Senats beließen es nicht bei der Feststellung der Unzulässigkeit der Beschwerde, sondern verwiesen auf die Zuständigkeit der Bundesregierung in solchen Fällen. Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen hätten "weder von Verfassungs wegen noch nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet und die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland.
Hierzu bedarf es der - ausdrücklichen oder konkludenten - Zustimmung der Bundesregierung, in deren Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten eine solche Entscheidung fällt", heißt es in der Entscheidung. Werde die Zustimmung verweigert, handele es sich auch nicht um einen Hoheitsakt gegenüber einem ausländischen Bürger. Dies sei vielmehr eine Entscheidung im Bereich der Außenpolitik. Zwischen der deutschen und türkischen Regierung gelte das Prinzip der souveränen Gleichheit der Staaten.
Der Ministerpräsident der Türkei Yildirim hatte am 18. Februar bei einer Rede in Oberhausen für die Einführung des Präsidialsystems geworben. Vor Tausenden Anhängern rief er dazu auf, am 16. April für eine Verfassungsreform zu stimmen.
Wegen nicht zugelassener Auftritte türkischer Regierungsmitglieder, die in Deutschland für die Verfassungsreform werben wollten, gibt es heftigen Streit zwischen den beiden Nato-Partner. Nachdem mehrere Kundgebungen von kommunalen Behörden wegen Sicherheitsmängeln der Veranstaltungsorte oder Sicherheitsbedenken abgesagt worden waren, warfen türkische Regierungsmitglieder Deutschland Nazi-Methoden vor. Bundesregierung und Bundestag haben sich gegen die Vorwürfe verwahrt. (Reuters)