Migranten besonders kriminell?: Ausländerkriminalität - ein Mythos
Dass Ausländer besonders kriminell seien, ist ein Mythos. Ein Kriminologe hat jetzt die Fakten zusammengestellt.
Was ist dran an jener „Ausländerkriminalität“, die immer wieder gern durch die Politik geistert? Nicht viel, wenn man sich die Zahlen ansieht. Der Münsteraner Kriminologe Christian Walburg, der seine Doktorarbeit über die Zusammenhänge von Migration und Jugenddelinquenz geschrieben hat, kommt in einem soeben veröffentlichten Gutachten für den Mediendienst Integration zu dem Schluss, dass erwachsene Einwanderer „insgesamt eher nicht vermehrt durch Straftaten“ auffielen. Auch ausländische Jugendliche würden in den letzten Jahren immer seltener als Straftäter aktenkundig, wobei es einen „besonders deutlichen Rückgang“ bei den Gewalttaten gebe Einzige Ausnahme seien die Intensivtäter. Als solche würden mehr Jugendliche aus Migrantenfamilien erfasst oder inhaftiert als solche ohne Migrationshintergrund. Während junge Deutsche nur 3,3 Prozent ausmachten, stammten bei einer Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen von 2009 9,4 Prozent dieser jugendlichen Mehrfachgewalttäter aus Jugoslawien, 8,3 Prozent hatten türkische Wurzeln. Aber auch die Raten anderer ausländischer Jugendlicher lagen zwischen sechs bis sieben Prozent.
Es gibt weniger Gewalt in Deutschland, relativ und absolut
Insgesamt allerdings hat sich die Zahl der ausländischen Jugendlichen unter den tatverdächtigen Gewalttätern zwischen 2005 und 2013 glatt halbiert, von 10.406 auf 5.837. Auch wenn die demografische Entwicklung herausgerechnet wird – es gibt weniger junge Leute in Deutschland, ihre Zahl sank im selben Zeitraum um 17 Prozentpunkte für die Deutschen und um 15 für die Ausländer – ist der Rückgang noch deutlich: Demnach ist in jenen acht Jahren die Gewalt, die von beiden Gruppen ausging, gleichermaßen um jeweils mehr als ein Drittel gesunken, um 34,8 Prozent für deutsche, um 34,0 für ausländische junge Täter.
Schiefe Statistiken
Warum die Wirklichkeit dennoch anders wahrgenommen wird als die Zahlen hergeben, erklärt Walburg sowohl mit Medienmechanismen als auch mit Logiken, die die Kriminalitätsstatistiken verfälschen. Die Medien, „für die meisten Menschen die Hauptinformationsquelle zum Thema Kriminalität“, interessierten sich vor allem für spektakuläre Fälle, vor allem, wenn junge Männer die Täter seien. Die machten zwar nur einen „sehr kleinen Teil der Gesamtkriminalität“ aus, bestimmten aber so die Wahrnehmung – mit der Folge, dass sie „massiv überschätzt“ werde. Die Kriminalitätsstatistiken geraten, so Walburg, gleich durch mehrere Faktoren in Schieflage: Erstens unterschieden die meisten dieser Statistiken nur zwischen In- und Ausländern, sagten also nichts aus über eingebürgerte Deutsche mit Migrationshintergrund. Und vieles aus der offiziell registrierten „Ausländerkrimininalität“ habe auch gar nichts mit den in Deutschland lebenden Migranten zu tun: Zwanzig Prozent der 2012 erfassten Tatverdächtigen hatten einen ausländischen Wohnsitz, es handelte sich um grenzüberschreitende Kriminalität. Außerdem verzeichnen die Statistiken auch Verstöße, etwa gegen Einreise- und Aufenthaltsvorschriften, die Deutsche gar nicht erst begehen können Im letzten Jahr galt das für immerhin 20 Prozent aller ausländischen Verdächtigen.
Migranten werden öfter angezeigt
Als wesentlichen Faktor nennt Walburg auch, wie Zeugen und Opfer von Kriminalität sich verhalten: „Auf Opferbefragungen beruhende Analysen zeigen mittlerweile recht einhellig, dass die Entscheidung über eine Strafanzeige in beträchtlichem Maße auch durch die Zuordnung des Täters zu einer als fremdethnisch definierten Gruppe bestimmt wird..“ Ist die „soziale Distanz“ zum Täter größer, so Walburg, gingen die Opfer eher zur Polizei. Die offiziell registrierte Kriminalität gebe auch deswegen wenig Aufschluss darüber, „ob delinquentes Verhalten bei jungen Migranten tatsächlich weiter verbreitet ist als bei Nichtmigranten, oder ob es lediglich häufiger entdeckt, angezeigt und von den Strafverfolgungsbehörden erfasst, das heißt kriminalisiert wird“. Neueren Studien zufolge hätten junge migrantische Gewalttäter ein um 50 Prozent höheres Risiko, angezeigt zu werden als herkunftsdeutsche Gleichaltrige.
Beim Klauen sind junge Deutsche vorn
Obwohl sich Kriminalität also kaum ethnisch einteilen lässt, haben in mindestens einem Punkt deutsche junge Kriminelle einen Vorsprung: „Bei (Laden-)Diebstählen lassen sich teilweise etwas höhere, speziell unter Jugendlichen aus Arbeitsmigrantenfamilien jedoch geringere Täteranteile beobachten als unter Jugendlichen ohne Migrationshintergrund“, schreibt Walburg. Besonders wenig diebisch sind demnach regelmäßig junge Türken und hier vor allem türkische Mädchen – und dies, obwohl das Personal in Kaufhäusern und Läden in der Regel auf sie ein besonders scharfes Auge hat.
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