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Vorsicht, bissig: US-Botschafter Richard Grenell ist ein Freund deutlicher Worte.
© dpa

Kritik an deutscher Regierung: Ausgerechnet Grenell!

Der US-Botschafter setzt Berlin mächtig zu. Und das Dumme ist: Ganz falsch ist es nicht, was er über Nato-Engagement, Russland und den Iran sagt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Das Unglückselige mit den Populisten ist ja, dass man immer das Gefühl hat, bei allem, was sie sagen, sofort widersprechen zu müssen, um nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, sie hätten recht. So ergeht es einem mit Richard Grenell, dem US-Botschafter. Oder besser: dem persönlichen Botschafter Donald Trumps in Deutschland und Europa, einem seiner versiertesten Interpreten, der nebenbei an einer (rechts-)populistischen Internationale arbeitet. In diesen Tagen nun setzt er den Deutschen in der Regierung wieder einmal mächtig zu. Und was wieder populistisch klingt, hat doch auch genau das, was es so unglückselig macht. Denn völlig falsch ist das alles nicht, was Grenell in Bezug auf das Nato-Engagement, auf Russland und im Blick auf den Iran sagt.

Natürlich verspricht die Bundesregierung lange schon – und hält dieses Versprechen nicht –, dass sie zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts fürs Militär aufwenden wird. Das reiche Deutschland wohlgemerkt, das sich seinen Beitrag immer wieder schönrechnet; oder auf morgen vertröstet, wenn alles besser werde. Wird es aber nicht. Heute sind es nur 1,5 Prozent, die Nato verlangt zwei Prozent bis 2024, und wie sagt der Bundesfinanzminister? Ihm fehlen im Gesamtetat in den nächsten Jahren 25 Milliarden …

Der Iran und die Russen schaffen Mittelstreckenraketen an

Dabei ist es doch auch richtig, dass die Russen derweil mit der Nato spielen. Ihre neuen Marschflugkörper – es sind nicht nur ein paar, die höchstens 480 Kilometer weit fliegen. 64 sind es, mit einer Reichweite bis zu 2350 Kilometern. Das verstößt gegen jedes Verständnis von Abrüstung oder Rüstungskontrolle. Ausgerechnet Grenell muss uns das sagen, der Mann von Trump, dem ein ganz besonderes Verhältnis zu Russland nachgesagt wird.

Das Letzte: Iran. Diese, sagen wir, brillante Naivität des Westens. Die Mullahs, diese netten Kerle, schaffen tatsächlich – wie die Russen – neue Mittelstreckenraketen an. Wen die treffen könnten! Da sind Sanktionen richtig. Sie zu umgehen, ist es nicht.

Könnte doch sein, dass man Populisten Zulauf nimmt, wenn man ihnen die Fragen nimmt und Antworten gibt. Indem man vorher die Realität anerkennt und Fakten nicht als bloße Meinungen abtut. Davor warnte übrigens Hannah Arendt. Die war bestimmt keine Populistin.

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