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Ein Demonstrant vor brennenden Barrikaden im tunesischen Kasserine.
© Amine Ben Aziza/Reuters

Proteste in der muslimischen Welt: Aufruhr im Sudan und in Tunesien

Armut, Not und Diktatur: Im Sudan und in Tunesien gehen viele auf die Straßen. Ihr Protest richtet sich gegen die Führung ihres Landes.

Teile der muslimischen Welt sind in Aufruhr. Die jüngsten Unruhen haben vor allem den Sudan und Tunesien erfasst. Dort kommt es seit Tagen zu gewalttätigen Protesten, die sich besonders gegen die jeweilige Führung richten. Die Sicherheitskräfte gehen massiv gegen die Demonstranten vor. Im Iran versuchen die Machthaber, mithilfe staatlicher Finanzhilfen vor allem für Bedürftige ein Aufbegehren möglichst zu verhindern. In allen drei Ländern leidet die Bevölkerung unter der desolaten wirtschaftlichen Lage. Viele Menschen, gerade Jugendliche, finden keine Arbeit, immer mehr Familien verarmen. Es gibt aber mittlerweile auch politische Forderungen.

Sudan

Besonders angespannt ist die Situation im Sudan. Dort gibt es seit Tagen heftige Proteste gegen das Regime von Langzeit-Diktator Omar al Baschir. Der Herrscher geht dagegen mit großer Gewalt vor. Amnesty International zufolge sind bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten dutzende Menschen getötet worden. Die Sudanesen machten zunächst ihrem Ärger über eine Verdreifachung des Brotpreises Luft.

Doch das war nur der Auslöser, der die Menschen auf die Straßen trieb. Das afrikanische Land leidet seit Langem unter einer desaströsen ökonomischen Talfahrt. Der Staat, seit der Unabhängigkeit des Südsudans 2011 weitgehend von Öleinnahmen abgeschnitten, verfügt über keine nennenswerten Einnahmenquellen. Die Folgen bekommt die Bevölkerung zu spüren. Statt eines Gesundheitswesens oder vernünftiger Schulen grassiert die Korruption, die Inflationsrate steigt in schwindelerregende Höhen.

Seit Tagen halten die heftigen Proteste gegen das Regime von Sudans Langzeit-Diktator Omar al Baschir an.
Seit Tagen halten die heftigen Proteste gegen das Regime von Sudans Langzeit-Diktator Omar al Baschir an.
© Mohamed Khidir/Imago

Kein Wunder, dass der Unmut über Diktator Omar al Baschir immer größer wird. Auf den Kundgebungen wird inzwischen ganz offen sein Rücktritt gefordert. Davon will der 74-Jährige aber nichts wissen. Er macht vielmehr „ausländische Mächte“ für die Unruhen verantwortlich.

Seit einem Militärputsch 1989 hat der Präsident das Sagen und regiert mit harter Hand. Dass Baschir sein Amt aus freien Stücken abgibt, gilt als unwahrscheinlich. Auch weil ihm in diesem Fall ein Prozess vor dem Strafgerichtshof in Den Haag droht. Seit 2009 gibt es gegen ihn einen internationalen Haftbefehl – unter anderem wegen des Völkermords in Darfur, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.

Tunesien

In Tunesien erinnert momentan vieles an den Beginn des „Arabischen Frühlings“ 2010. Vor fast acht Jahren war es der Gemüsehändler Mohammed Bouazizi, der sich aus Verzweiflung über Polizeiwillkür und wirtschaftliche Not selbst anzündete und starb. Am Montag nahm sich ein Journalist auf die gleiche Art das Leben. Der 32-Jährige Abderrazak Zorgui übergoss sich in der Stadt Kasserine mit einer brennbaren Flüssigkeit, die er in Brand steckte. Als Grund für seinen Suizid verwies der Mann in einem Abschiedsvideo auf die prekäre wirtschaftliche Lage, vor allem die hohe Arbeitslosigkeit. Die Regierenden würden zudem keinen Widerspruch dulden. Er wolle mit seinem Tod eine Revolution starten. Einige Stunden nach der Selbstverbrennung kam es zu wütenden Protesten, es gab Straßenschlachten. Sicherheitskräfte gingen mit Schlagstöcken und Tränengas gegen die Kundgebungen vor.

Das nordafrikanische Land hat zwar nach dem erfolgreichen Aufstand gegen den langjährigen Machthaber Zine El Abidine Ben Ali – anders als andere arabische Staaten – große Fortschritte in Sachen Demokratie gemacht. Doch die Unzufriedenheit gerade unter jungen Menschen ist groß. Sie klagen, es gebe für sie weder Jobs noch eine Perspektive. Gerade die Menschen im Süden Tunesiens haben mit einer dramatischen Landflucht, einer hohen Arbeitslosigkeit und bestechlichen Behörden zu kämpfen. Diese Gebiete gelten denn auch als Rückzugs- und Rekrutierungsgebiet für Dschihadisten. So sollen sich mehrere tausend Tunesier der Terrormiliz IS angeschlossen haben.

Iran

Proteste wie im Sudan oder in Tunesien wollen die Herrschenden im Iran unbedingt verhindern. Das, was vor knapp einem Jahr geschah – regelrechte Aufstände gegen das Regime mit vielen Opfern –, dürfe sich nicht wiederholen. Die Sorge der Machthaber kommt nicht von ungefähr. Vielen der 80 Millionen Iraner geht es sehr schlecht. Nicht zuletzt die von den USA verhängten Sanktionen setzen der Islamischen Republik schwer zu. Damit sich der Zorn gegen Misswirtschaft und politische Repression nicht erneut in womöglich unkontrollierbare Kundgebungen entlädt, hat Präsident Hassan Ruhani einen „angepassten“ Haushaltsentwurf für 2019 vorgelegt. Dieser sieht zum Beispiel eine 20-prozentige Erhöhung der Gehälter im öffentlichen Dienst vor. Geplant sind auch staatliche Beihilfen für die Grundversorgung von Geringverdienern und eine Anhebung des Mindestlohns. Ob das ausreicht, um die Gemüter zu beruhigen, ist allerdings fraglich. (mit dpa)

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