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Ein Mann nimmt Maß für Höheres - Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
© Kay Nietfeld / dpa

Ungewollte Schützenhilfe von Brinkhaus: Auf einmal könnte Spahn Kanzlerkandidat werden

Fraktionschef Ralph Brinkhaus will die Kanzlerkandidaten-Kür von CDU und CSU nicht den Parteichefs überlassen. Da kommt schnell Jens Spahn ins Spiel.

Jens Spahn bekam Gelegenheit zur Selbstdarstellung. Am Montag bot die Unionsfraktion ihrem Gesundheitsminister die Chance, interessierten Abgeordneten von CDU und CSU gemeinsam mit Kanzleramtschef Helge Braun seine Sicht auf den Stand der Corona-Bekämpfung darzulegen.

Solche fraktionsoffenen Fachtermine sind nichts Ungewöhnliches; das Treffen hatte Fraktionschef Ralph Brinkhaus schon im vorigen Jahr auf den Terminplan gesetzt. Doch der erweist sich ungewollt als Schützenhilfe für den Gast – gleich an zwei Fronten.

Spahn hat es bisher in der Corona-Pandemie zu Beliebtheitswerten gebracht, die nur die Kanzlerin und der Bayer Markus Söder toppen. Frühe Probleme mit Masken sind vergessen, vom Gezänk der Länderrunde hielt er sich fern.

Ein Teflon-Minister bekommt ein Problem

Doch seit das Wort vom „Impf-Desaster“ im Raum steht, droht selbst am Teflon-Minister etwas hängen zu bleiben. Das ist für Spahn doppelt ärgerlich, weil in nicht mal zwei Wochen der CDU-Parteitag den neuen Chef wählt und er als Tandem-Partner von Armin Laschet halb und halb mit auf den Wahlzetteln der 1001 Delegierten steht.

Bisher galt der Bundesminister als Aktivposten des Duos, so sehr, dass nicht wenige Christdemkraten gerne ihn vorne sähen statt des NRW-Ministerpräsidenten. Spahn hat sich immer zum Team bekannt. Andererseits ist aber wenig darüber aktenkundig, dass er seinen Vordermann für geeigneter hielte als sich selber.

Es hat denn auch gleich mancher andere an den Publikumsliebling gedacht, als Fraktionschef Ralph Brinkhaus dieser Tage zu bedenken gab, dass der Kanzlerkandidat der Union weder zwingend der CSU- noch der künftige CDU-Chef sein müsse. „Es gibt mehrere Personen in der Union, denen ich diese Aufgabe zutrauen würde"“ verkündete Brinkhaus in der “Süddeutschen Zeitung“ und meldete zugleich ein Mitspracherecht an.

Kein Überfluss an Kanzlerkandidaten in Sicht

Wen er im Auge hat, sagte Brinkhaus nicht. Wer sich unter den Führenden von CDU und CSU umschaut, dem drängen sich freilich nicht leicht „mehrere“ auf. Ob Brinkhaus sich selbst zum Kreis der Anwärter zählt, lässt er offen: Er habe gelernt, dass es für den Chef der Unionsfraktion nie klug sei, „kategorisch Nein zu sagen“.

Das passt logisch auf den ersten Blick nicht ganz dazu, dass er zugleich verkündet, gerne Fraktionschef zu bleiben. Auf den zweiten Blick passt es schon. Der Anführer der Unionsfraktion ist eine mächtige Position, attraktiv als fetter Trostpreis für einen Umfragekönig Spahn.

Aber dass Brinkhaus den potenziellen Konkurrenten quasi nach oben wegloben wollte, ist dem Interview denn doch nicht zu entnehmen.

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Der Fraktionschef stellt zwar allerlei Kriterien für Nachfolge-Anwärter für Angela Merkel auf - Führungserfahrung und -erfolge zählt er dazu, Land und Partei zusammenhalten, integrieren, in Europa moderieren. Das passt aber nicht direkt auf Spahn, kaum auf Norbert Röttgen, nicht auf Friedrich Merz und noch am ehesten auf Laschet.

Ob Brinkhaus findet, dass es genauso auf Brinkhaus passt, bleibt wie gesagt offen. Aber dass es keinen geraden Weg vom CDU-Vorsitz ins Kanzleramt gibt, darauf besteht er: „Dieses Amt ist keine Durchgangsstation für den nächsten Posten.“ Nach Ostern sollten sich alle Verantwortlichen fragen: „Wer verkörpert unser Programm und vor allem unsere Werte am besten und hat damit auch gute Siegeschancen?“

Zwei wenig schmeichelhafter Vergleiche

Demoskopische Höhenflüge will Brinkhaus indessen ausdrücklich nicht als entscheidendes Kriterien verstanden wissen: „Umfragen sind nur eine Momentaufnahme“ sagt er und und erinnert im gleichen Atemzug an spektakulär gefallene Umfrageengel wie Martin Schulz (SPD) oder Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Die aktuellen Umfrageengel der Union dürften den Vergleich wenig charmant finden. Spahn arbeitet jedenfalls daran, dass ihm das Schicksal erspart bleibt. Am Montag können „Bild“-Leser erfahren, dass an möglicherweise zu knappen Impfbestellungen die EU und irgendwie auch Angela Merkel Schuld seien, die auf einer europäischen Beschaffung bestanden hat, um ein Rennen starker Volkswirtschaften auf Kosten der schwächeren EU-Partner zu verhindern.

Spahn, heißt es in der Story weiter, habe ein Vierer-Einkaufsbündnis mit Frankreich, Italien und den Niederlanden abbrechen müssen, was ihn geärgert habe; vor "engen Mitarbeitern" habe er vor Problemen gewarnt, wenn noch 21 weitere Staaten mitreden können.

Der Minister, soll also die aus dem Kreis der „engen Mitarbeiter“ gerne lancierte Botschaft heißen, war's jedenfalls nicht.

Von Brinkhaus bekommt er da sogar Schützenhilfe. Zwar mahnt der Fraktionschef „konsequentes Nachsteuern“ an, vor allem, aber nicht nur mit Blick auf die Länder.

ber dass der SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil eine Gelegenheit gefunden zu haben glaubt, den CDU-Minister zum Sündenbock für alle Impfpannen zu machen, kann der CDU-Politiker Brinkhaus nicht einfach so stehen lassen. Rückschau bringe jetzt doch nichts, schimpft er zurück: „Es sterben jeden Tag Menschen, da stell' ich mich nicht hin und spiele Koalitionsspielchen!“ Schon gar nicht, wenn im Corona-Kabinett bekanntlich auch SPD-Minister wie Olaf Scholz säßen.

Jens Spahn wird es gerne gehört haben. Das hätte er zur eigenen Verteidigung auch nicht schöner sagen können.

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