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Wie gut sieht Deutschlands digitale Zukunft aus? Das wird jetzt entschieden.
© Peter Steffen/dpa

Digitale Agenda und Cebit: Auf dem Holodeck

Auf der Cebit geben sich die Politiker geschäftig - aber die Umsetzung der Digitalen Agenda kommt nur langsam voran. Dabei ist der internationale Konkurrenzdruck enorm.

Beim Auftakt der IT-Messe Cebit am Montag war die Politikerdichte hoch. Ein guter Teil des Kabinetts reiste an und gab sich geschäftig. Vor lauter angekündigten „Foren“ und „Prozessen“, die die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft voranbringen sollen, konnte einem ganz blümerant werden. Und um zu verstehen, wie die von Sigmar Gabriel eröffnete „Plattform Industrie 4.0“ die Digitalisierung der fertigenden Branche voran bringen soll, muss man wohl Diplom-Ingenieur sein, so viele „Lenkungskreise“ und „Steuerungskreise“ werden da verzahnt. Das alles soll heißen: Wir tun was. Und sieht verdächtig nach wirtschaftspädagogischem Holodeck aus.

Die EU sieht Deutschland in Sachen Digitalisierung nur im Mittelfeld

Will Deutschland im internationalen Vergleich wirtschaftlich führend bleiben, da sind sich Wirtschaft und Politik einig, muss in den nächsten Jahren eine kleine Revolution her. Im Moment dümpelt Deutschland in Sachen Digitalisierung eher vor sich hin, erst kürzlich setzte die EU das Land innerhalb Europas wieder auf eine Platz im Mittelfeld.

Es gibt zwei unterschiedliche Strategien, wie Politik Digitalisierung fördern und versuchen kann, das eigene Land im beinharten internationalen Wettbewerb zu behaupten. Das erste Modell ist China, in diesem Jahr Partnerland der Cebit. Die Chinesen versuchen den ultrastaatlichen Weg. Westliche Diplomaten und Firmen nutzten die Messe, um über die aggressiv protektionistische High-Tech- Politik zu klagen, ein Umfeld, in dem es für Konzerne aus Europa und den USA schwieriger wird.

China setzt auf staatlichen Protektionismus, die USA auf radikale Marktfreiheit - und Deutschland wurschtelt sich durch

Das andere Modell ist Silicon Valley. Die USA gehen den ultraliberalen Weg. Die Investitionsmilliarden hier kommen aus privaten Taschen und sie fließen auch in Wahlkampfbudgets, um ein günstiges politisches Klima zu schaffen. Und die ohnehin liberale Regulierung (auch: Besteuerung) zu umgehen, darin ist Silicon Valley Meister.

Deutschland versucht bislang einen Mittelweg. Für eine massive staatliche Förderung etwa des Breitbandausbaus – der als Voraussetzung für jedes weitere Modernisierungsprojekt gilt – ist dank der Schwarzen-Null-Doktrin des Finanzministers kein Geld da. Die zehn Milliarden Euro, die Verkehrsminister Alexander Dobrindt auf der Messe erneut nannte, kommen zum großen Teil von der Wirtschaft selbst und sind, was den staatlichen Anteil betrifft, größtenteils noch fiktiv. Geld fließt eher in kleineren Beträgen, zum Beispiel in die Forschungsförderung.

Deutschland modernisiert sich in vielen Kleinprojekten. Das kann auch ein guter Weg sein - wenn es halbwegs schnell geht

Auch die große De- und Neuregulierung bleibt bislang aus. Berlin setzt auf eine im internationalen Vergleich eher vorsichtige und damit manchmal auch sehr langsame Modernisierung des Rechts. Immer wieder verhindern sicherheitspolitische Bedenken den großen Wurf, so wie gerade eben, als die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegte, der helfen soll, mehr kabelloses Wlan in deutsche Städte zu bringen. Auch darüber, wie Autos ohne Fahrer auf Straßen rechtlich ermöglicht werden können, wird jetzt erst nachgedacht. Und einen Baustellenatlas, damit immer, wenn irgendwo eine Straße geöffnet wird, gleich Glasfaserkabel mit in die Grube wandern, gibt es auch noch nicht.

Der deutsche Mittelweg – ein bisschen Förderung, ein bisschen Deregulierung – muss gar nicht schlecht sein. Aber schneller muss es gehen. Bleibt das Land bis Ende der Legislatur auf dem Holodeck der „Plattformen“ und „Foren“, könnte es schnell vom Mittelfeld in den Keller der internationalen Digitalisierungsvergleiche rutschen.

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