Medizinischer Dienst der Krankenkassen: Auch Grüne wollen unabhängige Pflege-Gutachter
Die Gutachter des Medizinischen Dienstes sollten nicht länger mit den Krankenkassen verbandelt sein, finden auch die Grünen. Nur die Versicherer wehren sich gegen die Forderung des Patientenbeauftragten.
Die Grünen begrüßen die Forderungen des Patientenbeauftragten Karl-Josef Laumann (CDU), das System der Gutachter von dem der Kostenträger in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) klarer zu trennen. Krankenkassen und Medizinischer Dienst (MDK) dagegen wehren sich gegen eine Neuorganisation ihres Gutachterwesens.
„Den MDK als unabhängige Einrichtung auszugestalten, ist ein richtiger Gedanke“, sagte Grünen-Fraktionsexpertin Maria Klein-Schmeink dem Tagesspiegel. Leider habe es Laumann aber – wie bei seinen Forderungen nach mehr Patientenbeteiligung oder erleichterter Beweislast vor Gericht – „versäumt, in dieser Wahlperiode rechtzeitig entsprechende Änderungen vorzutragen, damit sie auch parlamentarisch umgesetzt werden können“. Laumanns Meinung entspreche nicht der CDU-Position, betonte Klein-Schmeink. Und im November 2016 habe die Bundesregierung jeglichen gesetzlichen Änderungsbedarf bezüglich der Rechte von geschädigten Patienten abgelehnt.
Hohe finanzielle Auswirkungen
Der MDK ist unter anderem dafür zuständig, Pflegebedürftige einen bestimmten Pflegegrad zuzuordnen, Patienten Behandlungen und Reha-Leistungen zu bewilligen und chronisch Kranken Arbeitsunfähigkeit zu bescheinigen. Da diese Entscheidungen mit hohen finanziellen Auswirkungen verbunden seien, hatte Laumann eine klare inhaltliche und personelle Abgrenzung zu den Kostenträgern gefordert. Viele Versicherte, so sein Argument, empfänden den MDK „als verlängerten Arm der Kranken- und Pflegekassen“.
Bisher können laut Gesetz bis zu 25 Prozent der MDK-Verwaltungsratsmitglieder hauptamtlich bei den Kranken- und Pflegekassen angestellt sein. Zudem erlässt der GKV-Spitzenverband Richtlinien für den MDK.
MDK-Chef: Unabhängigkeit ist sichergestellt
Dessen Geschäftsführer, Peter Pick, spielt die Verbandelungen herunter. Die Gutachter des MDK seien „unabhängig und frei von Weisungen der Krankenkassen“. Diese Unabhängigkeit sei „sichergestellt durch die eigenständige Organisation der MDK, durch Vorgaben des Sozialgesetzbuches und durch die Finanzierung, die unabhängig vom Einzelfall und Ergebnis der Begutachtung erfolgt“.
Der MDK mache einen „wirklich guten Job“, versicherte der Sprecher des Spitzenverbandes, Florian Lanz. Dies zeige sich an der Umsetzung der Pflegereform. 85 Prozent der Pflegebedürftigen hätten ihnen gute Noten gegeben. „Einen grundlegenden Reformbedarf bei den Medizinischen Diensten lässt sich unseres Erachtens aus solchen Zufriedenheitswerten nicht ableiten.“
"Bisher nichts Substanzielles für die Patienten erreicht"
Die Grünen warfen Laumann vor, für Patienten in der vergangenen Legislatur „nichts Substanzielles“ erreicht zu haben. Der Beauftragte habe „seine Amtszeit ungenutzt verstreichen lassen, anstatt die notwendigen Reformen zur Stärkung der Patientenrechte voranzubringen“, sagte Klein-Schmeink. Opfern von Behandlungsfehlern könne, wenn die Schuldfrage ungeklärt bleibe, auch ein Härtefonds helfen. Laumann lehnt einen solchen Fonds ab. Es sei für ihn nicht akzeptabel, den Staat für Fehler einspringen zu lassen, die andere zu verantworten hätten.
Klein-Schmeink hielt Laumann auch vor, durch die „Zerschlagung“ der unabhängigen Patientenberatung (UPD) großen Schaden angerichtet zu haben. Obwohl bedeutend mehr Mittel in die neue UPD flössen, sei die Anzahl der Beratungen vor Ort um 80 Prozent zurückgegangen, sagte sie. Laumann nannte ganz andere Zahlen. Ihm zufolge haben sich die Beratungszahlen durch die neue UPD mit über 15 000 im Monat inzwischen verdoppelt.
Kritik an Patientenberatungsfirma
Seit Anfang 2016 wird die UPD von der Sanvartis GmbH betrieben, die gleichzeitig auch Callcenter im Auftrag von<TH>Krankenkassen betreibt – aus der Sicht von Kritikern ein klassischer Interessenskonflikt. Zuvor oblag die Beratung dem Sozialverband VdK, dem Verbund unabhängiger Patientenberatung und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen.
„Ein Callcenter kann vielleicht vordergründige Gesundheitsinformationen abdecken, nicht aber komplexe Probleme der Leistungsgewährung lösen“, sagte Klein-Schmeink. Es sei nötig, eine wirklich unabhängige Patientenberatung strukturell zu verankern. „Denkbar wäre dabei eine Stiftungslösung, um Eingriffe von welcher Seite auch immer zu verhindern.“