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Der Photovoltaik wird ein immenses Potenzial zugerechnet - ausgeschöpft wird es bisher nicht.
© Foto: Rainer Jensen dpa/lnw

Komplizierte Regeln für Erneuerbare Energien: Auch Bürokratie belastet das Klima

Die Politik bekundet gern, beim Klimaschutz jetzt endlich verstanden zu haben, bremst dann aber bei Details. Das gilt für Windräder wie Photovoltaik. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jakob Schlandt

Deutschland soll bis 2045 klimaneutral sein, hat die Regierungskoalition beschlossen. Und die EU soll fünf Jahre später folgen. Daran haben manche Klimaaktivisten immer noch zu mäkeln, und man kann tatsächlich trefflich streiten, ob das nun reicht, fast reicht oder doch zu kurz gesprungen ist, weil man die historischen Emissionen nicht miteinbezieht.

Tatsächlich muss die neue Bundesregierung vor allem ein ganz konkretes Problem anpacken. Vom abgekochten Industrielobbyisten bis zu den Hardlinern der Grünen sind sich in einem alle einig: Wir brauchen mehr erneuerbare Energien, und zwar viel mehr und viel schneller als bisher. Für den direkten Stromgebrauch, aber auch für den Einsatz zur Erzeugung von Wasserstoff als, grob gesprochen, Erdgasersatz.

Da hilft alles nichts, es geht um die Details. Um die Frage – man blicke auf CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und die neuen Regeln im von ihm geführten Nordrhein-Westfalen –, welche Abstände Windräder von Wohngebäuden halten müssen. Um die Frage, wie genau sich Windkraft mit Vogelschutz vertragen kann und ob pfiffige neue Vogelwarnsysteme helfen können.

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Besonders bei der naturgemäß recht konfliktarmen Solarkraft – sie verursacht keinen Lärm, versperrt nicht den Ausblick und ist zudem inzwischen günstig – muss die Handbremse gelöst werden. Die gerade zu Ende gegangen Ausschreibung für Photovoltaik (PV) auf Gewerbeimmobilien zeigt, dass deutlich mehr gehen könnte. Da ist zu viel Bürokratie im Spiel. Branchenvertreter kritisieren sowohl, dass der Strom vom Dach nicht selbst verbraucht werden darf, als auch die Bevorzugung großer Anlagen und die kurze Umsetzungsfrist. Innerhalb eines Jahres muss die Anlage laufen.

Viele Gewerbehallen können kaum eine extradicke Schneedecke tragen

Für große Anlagen kommt aber nicht jedes Dach infrage. Viele moderne Gewerbehallen sind zu fragil dafür, sie können höchstens eine dicke Schneedecke tragen. Dennoch ist das Potenzial enorm. Experten schätzen, dass erst zehn bis 20 Prozent der wirtschaftlich nutzbaren Dachfläche für PV erschlossen sind. Rechnet man alle Lager-, Logistik- und Produktionshallen mit mehr als 1000 Quadratmetern Gewerbefläche zusammen, kommt man nach Statistiken aus der Immobilienbranche auf eine Dachfläche von 450 Millionen Quadratmetern.

Es ist ein aktuelles Beispiel unter vielen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat gleich mehrfach in seiner Amtszeit signalisiert, er habe beim Klimaschutz jetzt endlich verstanden. Bei den (vermeintlichen) Details bremste er dann aber wieder und wieder. Für die neue Bundesregierung wird es darum gehen, diesen Widerspruch endlich aufzulösen.

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