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Blick auf das Kernkraftwerk Brokdorf an der Elbe.
© Wulf Pfeiffer dpa/lno

Starke Oxidation: Atomkraftwerk Brokdorf droht früheres Aus

Weil die Brennstäbe des Atommeilers stark oxidiert sind, wurde das Kraftwerk vom Netz genommen. Geht es nach Robert Habeck von den Grünen, wird es dabei auch bleiben.

Kein deutsches Atomkraftwerk war so umstritten und so umkämpft wie Brokdorf. Zehntausende zogen in den 1970er und 80er Jahren durch die Wilster Marsch, versuchten den Platz zu stürmen und lieferten sich am Zaun des Kraftwerks blutige Auseinandersetzungen mit der Polizei. Einen längeren Baustopp oder die vorzeitige Abschaltung von Brokdorf erreichten die Demonstranten. Jetzt steht der Meiler wegen eines rätselhaften Rostbefalls der Brennstäbe schon seit dreieinhalb Monaten still. Ob und wann er wieder angefahren wird, um Strom und Atommüll zu produzieren, ist unklar. Bei der bislang letzten planmäßigen Revision Anfang Februar hatten Ingenieure entdeckt, dass etliche Brennstäbe im Reaktor sehr stark oxidiert sind. Oxidablagerungen auf den atomaren Brennelementen sind im Prinzip nichts Besonderes: Sie entstehen, wenn sich ihre metallene Außenhaut mit Sauerstoff und Wasserstoff im Kühlwasser verbindet.

Grenzwerte legen fest, wie dick diese Schicht nach einer bestimmten „Brennzeit“ im Reaktor sein darf. Denn eine zu starke Oxidation kann die Schutzhülle der Brennstäbe angreifen und brüchig machen. Im schlimmsten Fall könnte die darin enthaltene Radioaktivität freigesetzt werden.

Minister Robert Habeck (Grüne), im Norden für die Atomaufsicht zuständig, verfügte umgehend, dass das AKW nach Ende der Revision nicht wieder hochgefahren werden durfte. Er sprach von einem ernsten Fall: „Besorgniserregend ist vor allem, dass die Prozesse im Reaktorkern offensichtlich anders ablaufen als erwartet“, sagte er. „Ein solch schnelles und starkes Anwachsen der Schicht ist in Deutschland noch nicht bekannt geworden und sprengt alle bisherigen Prognosen“. Erst wenn der Betreiber die Ursache geklärt und nachvollziehbar dargelegt habe, wie er eine so extreme Rostanfälligkeit der Brennstäbe künftig vermeiden wolle, könne das AKW wieder ans Netz gehen.

Doch diese Klärung ist offensichtlich nicht so einfach. Erst in dieser Woche legte Betreiber PreussenElektra – die Firma ist ein Spaltprodukt aus dem Zerfallsprozess von Eon und für die Kernkraftsparte des Konzerns zuständig – einen vertraulichen Schadensbericht vor. Dieser werde nun ausführlich geprüft, sagte eine Sprecherin Habecks. Da die Auswertung gerade erst beginne, lasse sich nicht einschätzen, wie lange sie dauern werde. Wann eine Entscheidung über die mögliche Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerks fällt, sei erst recht nicht abzusehen. „Für die Zukunft muss ausgeschlossen sein, dass sich erneut Oxidschichten bilden, die den Grenzwert überschreiten“, heißt es im Ministerium. „Dafür ist ein Verständnis der Ursachen erforderlich.“

Es erscheint nicht einmal ausgeschlossen, dass die Gutachter des Ministeriums die Konsequenzen, die PreussenElektra aus dem Schaden zieht, nicht akzeptieren. Dies könnte sogar ein dauerhaftes Betriebsverbot für Brokdorf nach sich ziehen. Nach dem Atomgesetz darf das AKW noch bis 2021 laufen.

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