Weltweite Christenverfolgung: Asia Bibi - ein Freispruch, der auch Bitternis enthält
Die pakistanische Christin sollte wegen Gotteslästerung hingerichtet werden. Nun wurde Bibi endgültig freigesprochen. Ihr Schicksal mahnt. Ein Kommentar.
Acht Jahre lang saß sie in der Todeszelle. Unschuldig, acht lange Jahre. Als erste Frau in der Geschichte Pakistans sollte sie hingerichtet werden. Wegen Gotteslästerung. Asia Bibi ist katholische Christin, 51 Jahre alt, Mutter von fünf Kindern. Ihr Fall ging um die Welt, zum Glück. Denn es gibt andere, die in Pakistan aufgrund des strengen Blasphemie-Gesetzes zum Tode verurteilt wurden und für die keiner kämpft. Die Willkür trifft Christen ebenso wie schiitische Muslime und Anhänger der Ahmadiyya-Gemeinschaft.
Vor drei Monaten war Asia Bibi vom Obersten Gericht in Islamabad freigesprochen worden. Daraufhin hatten radikalislamische Gruppen landesweite Straßenproteste organisiert. Die Gewalt endete erst, nachdem die Regierung eingeknickt war und den Islamisten zugesagt hatte, Berufung einlegen zu dürfen und Asia Bibi nicht ausreisen zu lassen. Über die Revision wurde nun vom Obersten Gericht in Islamabad verhandelt. Das Ergebnis: Es bleibt beim Freispruch, Asia Bibi kann das Land verlassen. Vielleicht fliegt sie zu ihren Kindern nach Kanada. Auch die Bundesregierung hatte sich bereit erklärt, die Christin aufzunehmen. Hauptsache, die „Märtyrerin des Glaubens“, wie Papst Franziskus sie einst nannte, ist bald in Sicherheit.
Christen sind weltweit in Not. Sie werden verfolgt, vertrieben, gefoltert, ermordet. Auch darauf weist dieser Fall hin. Die Liste der Länder, in denen Mission und Konversion, das Lesen in der Bibel und die öffentliche Religionsausübung an sich verboten sind, ist lang. Irak, Iran, Nordkorea, Nigeria, Sudan, Afghanistan, Jemen, Pakistan. Dass einige dieser Länder – wie Nigeria, Afghanistan und Pakistan – aktuell Mitglieder des UN-Menschenrechtsrates sind, ist besonders zynisch. In Artikel 18 der UN-Menschenrechtscharta wird das Recht auf Religionsfreiheit klar und unmissverständlich definiert.
Gutes tun an jedermann – das ist der barmherzige Samariter
Es hat lange gedauert, bis die christlichen Kirchen die weltweite Verfolgung von Christen thematisierten. Einige Würdenträger hatten Angst, von evangelikalen Kräften vereinnahmt zu werden, andere missverstanden das Gleichnis vom barmherzigen Samariter dahingehend, dass das Kriterium der Nähe bei der Nächstenliebe keine Rolle spielen dürfe. Dabei schreibt der Apostel Paulus im Galaterbrief: „Lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“
Gutes tun an jedermann – das ist der barmherzige Samariter. Allermeist an des Glaubens Genossen – das ist ein Appell an das christliche Gemeinschaftsgefühl, das konfessionelle Grenzen sprengt. Ob orthodox, katholisch oder evangelisch: Verfolgt werden Christen als Christen, deshalb müssen sie sich als Christen miteinander solidarisch zeigen.
Gemeinschaft erwächst aus Nähe. Das Gefühl der Nähe wiederum kann sich aus vielen Quellen speisen: Geschlecht, Alter, Herkunft, sozialer Status, Sympathie für einen bestimmten Fußballverein, Präferenz für eine bestimmte Partei. Frauen schließen sich unter den Twitter-Hashtags #Aufschrei und #MeToo zusammen, Veganer unter dem Hashtag #Deutschlandistvegan.
Auch Alice Weidel hat sich für Asia Bibi eingesetzt
Auch Christen teilen einen Glauben und eine gemeinsame Weltsicht. Sie verstehen sich als Schwestern und Brüder. Das verpflichtet. Doch erst seit 2010 erinnert etwa die Evangelische Kirche an jedem zweiten Sonntag der Passionszeit (Reminiszere) an das Schicksal der verfolgten Christen. Die Katholische Kirche ist in dieser Hinsicht schon sehr viel länger sehr viel aufmerksamer.
Hoffen lässt die Reaktion einiger Muslime in Deutschland auf den Fall Asia Bibi. Der Zentralrat der Muslime hat die Aufhebung des Todesurteils ausdrücklich begrüßt und Bundeskanzlerin Angela Merkel um Aufnahme der pakistanischen Christin gebeten. Das korrespondierte in seltener Einmütigkeit mit dem Engagement der AfD-Co-Chefin Alice Weidel, die sich ebenfalls dafür einsetzte, Asia Bibi in Deutschland Asyl zu gewähren.
So mischt sich in die Freude über Asia Bibis Freispruch die Bitternis über die fortgesetzte Verfolgung vieler anderer Christen. Und auch darüber, dass der Asylantrag von Flüchtlingen, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind und deshalb fliehen mussten, in Deutschland immer seltener anerkannt wird. Das jedenfalls berichten Geistliche. Offenbar werde im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Glaubwürdigkeit vieler Übertritte bezweifelt. Asia Bibi mahnt – auch uns.