Mysteriöser Tod von Staatsanwalt Nisman: Argentinische Regierung unter Verdacht
Ein Mordkomplott? Mittlerweile glaubt auch Argentiniens Staatschefin Cristina Kirchner nicht mehr, dass sich ein Staatsanwalt selbst getötet hat. Die Präsidentin gerät nun in Bedrängnis - auch, weil sich das Land noch mit anderen Problemen herumschlägt.
Inflation, Abwertung, Korruption, Güterknappheit, Energieengpässe und Ärger mit den Altschulden – die Liste der Probleme, mit denen sich Argentinien derzeit herumschlägt, ist lang. Zu lang eigentlich für ein Wahljahr, in dem die peronistische Präsidentin Cristina Kirchner zwar nicht mehr selbst antreten kann, aber gerne ein gewichtiges Wörtchen mitreden würde bei der Nachfolgeregelung. Und jetzt auch noch der mysteriöse Tod eines Staatsanwalts, der die Regierung beschuldigt hatte, sie wolle die Hintergründe eines Attentats vor 20 Jahren vertuschen – und wenige Stunden vor seiner Anhörung im Kongress tot aufgefunden wurde.
Ob es Mord oder Suizid war, wer dahintersteckt und warum Sonderermittler Alberto Nisman starb – diese Fragen lassen die Gerüchte explodieren. Und sie verschärfen die Polarisierung zwischen Regierungsanhängern und -gegnern. Kirchner hat das mit Äußerungen selbst befördert. Zunächst schloss sie einen Mord aus. Am Donnerstag ruderte sie dann zurück. Sie sei nun überzeugt, dass Nisman sich nicht selbst umgebracht hat.
Kampf der Lobbys
"Wir alle sind Nisman" hatten die aufgebrachten Regierungsgegner bei Straßendemonstrationen skandiert. Sie fordern Transparenz und verdächtigen die Regierung. 70 Prozent der Bevölkerung glauben laut einer Ipsos-Umfrage, Nisman sei ermordet worden. Die Regierungsanhänger hingegen vermuten eine finstere Verschwörung entlassener Geheimdienstmitarbeiter, verbündet mit Washington. Alberto Nisman hatte gute Kontakte zum Geheimdienst und zur US-Botschaft.
Dass in Nismans Tod auch noch der Nahostkonflikt und die wechselnden, geopolitischen Allianzen Washingtons hineinspielen, macht die Sache nur verworrener. Der Staatsanwalt recherchierte seit mehr als zehn Jahren die Hintergründe des Attentats auf das jüdische Gemeindezentrum Amia in Buenos Aires im Jahr 1994. Die Spuren führten nach Teheran, 2007 erließ er Haftbefehle gegen ranghohe iranische Diplomaten und Politiker. Doch er befand sich auf dünnem Eis. Sowohl die jüdische als auch die proarabische Lobby sind in Argentinien einflussreich und ließen ihre Kontakte spielen, um die Ermittlungen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Für die meisten Argentinier jedoch liegt das Attentat lange zurück, kommentiert Alvaro Abos in „La Nacion“. "Nisman war ein perfekter Unbekannter, bevor er zum Märtyrer wurde." Für die Regierung das denkbar schlechteste Szenarium, denn Tote genössen in Argentinien immer eine größere Glaubwürdigkeit als Lebende.
Die Präsidentin – schon vorher angeschlagen durch Korruptionsermittlungen gegen die Verwaltung ihrer Hotels – gerät so weiter in Bedrängnis, während die Opposition versucht, daraus politisches Kapital zu schlagen. Als "riesigen Schmutzfleck für die Demokratie und die Institutionen" bezeichnete der Parteichef der Renovationsfront und wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat, Sergio Massa, den Fall.
Mafiöse Netzwerke
Jenseits der ideologischen Grabenkämpfe macht der Tod Nismans beispielhaft die Versäumnisse dieser Regierung deutlich. Die Politisierung der Justiz ist einer der Schwachpunkte der argentinischen Demokratie, die Konzentration der Macht und Schwächung der Institutionen ein zweiter. Der Fall Nisman zeigt dem Kommentator Carlos Pagni zufolge ein weiteres Problem: dass sich die Geheimdienste politisiert und mafiöse Netzwerke für eigene Zwecke instrumentalisiert haben.
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