Argentiniens Justiz erhebt schwere Vorwürfe: Iranische Terrorzellen in Südamerika?
Argentiniens Justiz erhebt schwere Vorwürfe gegen den Iran. Der soll nicht nur 1994 das Attentat auf den Sitz der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires verübt haben. Überall in Lateinamerika soll es Terrorzellen geben.
Der argentinische Staatsanwalt Alberto Nisman, der das Bombenattentat auf den Sitz der jüdischen Gemeinde in Buenos Aires (Amia) von 1994 untersucht, hat einen Bericht vorgelegt, der für Lateinamerika hochbrisante Informationen enthält. Wer bisher davon ausging, dass die Region kein Ziel des islamistischen Terrors sei, muss sich eines Besseren belehren lassen. Zwar war bekannt, dass Nisman für den Anschlag auf die Amia, bei dem 85 Personen starben und 300 verletzt wurden, den Iran verantwortlich macht; in seinem 500 Seiten dicken Bericht beschuldigt er das Land nun aber, in ganz Südamerika Zellen installiert zu haben, die Attentate vorbereiten und ausführen sollen. Betroffene Staaten seien Brasilien, Uruguay, Paraguay, Chile, Kolumbien, Guayana, Trinidad und Tobago sowie Surinam.
Zu einem ähnlichen Schluss kam bereits 2011 der brasilianische Staatsanwalt Alexandre Camanho de Assis. Er sagte, dass in seinem Land eine Generation islamistischer Extremisten völlig unbemerkt heranwachse. Schon seit längerem wird vermutet, dass die libanesische Hisbollah in der paraguayischen Grenzstadt Ciudad del Este eine Zelle unterhält. Die Hisbollah gilt als der lange Arm Teherans. Nisman will nun Belege für deren Wirken in Paraguay haben. Über seinen Bericht sagt er, dass jeder Staatsanwalt der Welt nach Sichtung der Unterlagen zu denselben Schlüssen kommen würde wie er.
Nisman geht davon aus, dass der Anschlag auf die Amia keine Einzelaktion gewesen sei, sondern Teil der Strategie Teherans, die islamische Revolution zu exportieren. Dies habe 1982 begonnen, als 380 Geistliche aus 70 Ländern in Teheran Anweisungen erhielten, in ihren Moscheen eine radikale Version des Islam zu verbreiten. Zum Erreichen dieses Ziels sei Gewalt als legitimes Mittel propagiert worden. Die Agenten für den Anschlag auf die Amia seien in argentinischen Moscheen rekrutiert worden und hätten von der iranischen Botschaft, und insbesondere deren Kulturattaché Mohsen Rabbani, Unterstützung erhalten. Rabbani sei Koordinator für den Aufbau eines Agentennetzwerks in Südamerika gewesen.
Alberto Nisman, der das Amia-Attenat seit 2004 untersucht, veröffentlicht seinen Bericht zu einem heiklen Zeitpunkt. Das Parlament in Buenos Aires hat Ende Februar die Einsetzung einer „Wahrheitskommission“ zwischen Argentinien und Iran beschlossen. Iran will dabei den Argentiniern die Befragung von Verdächtigen in Teheran gestatten. 2007 hatte das südamerikanische Land bei Interpol die Festnahme von sechs Iranern wegen ihrer vermuteten Mittäterschaft beantragt. Unter ihnen war neben dem jetzigen Verteidigungsminister Ahmad Vahidi auch der ehemalige Präsident Ali Rafsandschani. Doch Irans Regierung hat ihre Beteiligung an den Anschlägen stets verneint. Nun soll sie selbst an der Aufklärung der gegen sie erhobenen Vorwürfe mitwirken. Nicht nur die jüdische Gemeinde in Argentinien findet das absurd und reagiert entsetzt. Man geht davon aus, dass der Deal nicht zur Wahrheitsfindung beitragen wird, sondern Iran hilft, verstärkt Zugang nach Lateinamerika zu finden.
Der Direktor des Lateinamerikanischen Jüdischen Kongresses, Claudio Epelman, sagte dem Tagesspiegel, das iranische Regime habe mit dem Anschlag auf die Amia 1994 sein wahres Gesicht gezeigt. Der Nisman-Report sei auch deswegen so ernst zu nehmen, weil der Terror aus Teheran eben nicht nur Juden bedrohe, sondern alle. „Die betroffenen Länder Südamerikas müssen nun ermitteln“, sagte Epelman.