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Die Stabsstelle für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist im Bundesfamilienministerium angesiedelt und wird dauerhaft installiert.
© Karl-Josef Hildenbrand/pa/dpa

Familienministerin Giffey: Arbeitsstab gegen sexuellen Missbrauch dauerhaft gesichert

Mehr Prävention und Hilfe für Opfer - die Stelle des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wird dauerhaft installiert.

Die Frau ist hochqualifiziert, Juristin und Psychologin zugleich, sie arbeitet seit vier Jahren in der Prävention zur Bekämpfung sexuellen Missbrauchs. Es gab bisher nur ein Problem: Ihre Stelle im Arbeitsstab des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs war befristet. Sie wäre am 31. März 2019 ausgelaufen. Doch jetzt ist die Stelle dauerhaft gesichert. Sie wurde entfristet, wie zwölf andere Positionen im Stab des Beauftragten Johannes-Wilhelm Rörig auch. Das ist eine der wesentlichen Folgen einer Entscheidung von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD): Die Stelle des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wird dauerhaft installiert – sonst wäre sie am 31. März aus dem Organigramm des Familienministeriums gelöscht worden. „Wir sind ein Kompetenzzentrum“, sagt Rörig dem Tagesspiegel, „mir war es wichtig, unsere spezifische Expertise dauerhaft zu sichern.“

Formal gesichert ist es noch gar nicht, dass für die Arbeit des Unabhängigen Beauftragten und die Aufarbeitungskommission zusammen knapp neun Millionen Euro in den Bundeshaushalt 2019 eingeplant sind und der Stab des Beauftragten sowie die Kommission von 22 auf 25 Mitarbeiter aufgestockt wird. Am 8. November findet die Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags statt. Giffey ist mit einer Pressemitteilung vorgeprescht, weil sich durch die schleppende Regierungsbildung der übliche Ablauf verzögert hatte. Und Rörig „wäre sehr überrascht, wenn der Entschluss der Ministerin nicht bestätigt würde“. Er lobt das politische Signal: „Die Regierung nimmt den Kampf gegen sexuelle Gewalt jetzt ernst und hat erkannt, dass es kein temporäres Problem ist.“

Wenn das Amt dauerhaft eingerichtet wird, ist das auch bedeutsam für die Missbrauchs-Opfer. Denn damit würde auch der Betroffenenrat, der beim Beauftragten angesiedelt ist, fest installiert. Zudem wird dann die Arbeit der Aufarbeitungskommission, im Januar 2016 berufen, wohl bis 2023 verlängert. Rörig und seine Mitarbeiter können jetzt ganz anders auftreten, und die Betroffenen leben nicht mehr in ständiger Unsicherheit, ob sie wichtige Ansprechpartner verlieren. Es gibt ja durchaus auch interne Widerstände gegen sein Amt: „Ich habe in viele Gesichter geschaut und hatte den Eindruck, dass viele gehofft haben, dass die Stelle vielleicht doch wieder eingestampft wird. Diese Hoffnung kann sich jetzt niemand mehr machen.“ Jetzt haben Vertreter aus dem Sport, der Kirche, den Schulen, den Kindertagesstätten „einen dauerhaft eingesetzten Beauftragten der Bundesregierung“, sagt Rörig.

Sein Team hat diverse Projekte angeschoben: die Initiativen „Kein Raum für Missbrauch“ und „Schulen gegen sexuelle Gewalt“, ein Monitoring mit dem Deutschen Jugendinstitut zu Präventionsmaßnahmen und Forschungsmaßnahmen. „Wir wollen, dass Präventionsmaßnahmen nicht bloß an einem Projekttag besprochen werden, sondern gelebter Alltag werden“, sagt Rörig. Deshalb werden Mittel für Fachberatung vor Ort nötig. Rörig rechnet für den Start der Entwicklung eines Schutzkonzepts mit mindestens fünf Beratungstagen.

Sieben Jahre hat Rörig darauf hingearbeitet, dass die Stelle des Unabhängigen Beauftragten dauerhaft eingerichtet wird. Mit der neuen Familienministerin Giffey kam Fahrt in die Entwicklungen: „Bereits vier Wochen, nachdem ich ihr vom Betroffenenrat erzählt habe, hatte sie einen Termin mit allen Mitgliedern dieses Gremiums. Und das waren sehr intensive Gespräche“, erzählt Rörig. Er saß bei einer Sitzung des Betroffenenrats, als er die Meldung von der dauerhaften Einrichtung hörte. Und wie war die Reaktion der Betroffenen? Rörig malt mit seinem Finger einen Smiley vor seinem Gesicht. Allerdings steht noch nicht fest, ob er auch nach dem 31. März Unabhängiger Beauftragter bleibt. Diese Entscheidung fällt im Januar 2019.

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