Erdogan-Schmähgedicht: Anwalt will einstweilige Verfügung gegen Jan Böhmermann einreichen
Der Satiriker Böhmermann verweigert eine Unterlassungserklärung für sein Erdogan-Gedicht. Darauf reagiert nun Erdogans Anwalt. ZDF-Redakteure fordern, das Stück wieder in die Mediathek aufzunehmen.
Bis null Uhr hatte Satiriker Jan Böhmermann Zeit. Dann wollten die Anwälte des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Unterlassungserklärung vorliegen haben. Doch die Frist ist verstrichen. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" hat Böhmermann auch nicht vor, noch eine Unterlassungserklärung nachzureichen.
Wie das Blatt berichtet, wurde den Anwälten Erdogans vielmehr mitgeteilt, dass die Türken den Zusammenhang des von Böhmermann vorgetragenen Schmähgedichts über den Präsidenten nicht beachtetet hätten. "Es ist offensichtlich übersehen worden, dass das Gedicht nicht solitär verbreitet wurde, sondern in einer Gesamtdarstellung, über das, was in Deutschland erlaubt ist und was nicht", hat Böhmermanns Anwalt mitgeteilt. Erdogans deutscher Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger will nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP deshalb nun eine einstweilige Verfügung vorbereiten, die innerhalb eines Monats eingereicht werden müsse. Damit würde Böhmermann vorläufig untersagt, das Schmähgedicht erneut öffentlich zu wiederholen. Auf die Frage, ob die Angelegenheit am Ende in einem Prozess geklärt werde, sagte der Anwalt: "Ja, davon gehe ich aus."
"Dokument der Zeitgeschichte"
In dem Gedicht, das Böhmermann in der Sendung "Neo Magazine Royale" am 31. März vorgetragen hatte, nannte der Komiker Erdogan unter anderem einen "Ziegenficker". Die Türkei forderte daraufhin von Deutschland, Böhmermann strafrechtlich zu verfolgen. Die Bundesregierung prüft derzeit das Ersuchen der türkischen Regierung. Am Donnerstag sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die Beratungen darüber noch andauerten. Wann eine Entscheidung vorliegen soll, sagte sie nicht. Erdogan stellte außerdem persönlich Strafanzeige gegen Böhmermann.
Unterdessen wurde ein internes Schreiben des ZDF-Redakteursausschusses bekannt. Die Redakteure fordern darin die Löschung der Erdogan-Satire aus der Mediathek zurückzunehmen. Das meldete Spiegel Online. Der Brief wurde dem Bericht zufolge am Donnerstagmorgen vom Redakteursausschuss über die Hauspost an alle Büros der ZDF-Zentrale in Mainz verschickt.
"Wir würden es begrüßen, wenn die 'Schmähkritik' vom Giftschrank wieder in die Mediathek gestellt wird. Als Dokument der Zeitgeschichte", heißt es dort. "Eine ZDF-Sendung bewegt Regierungschefs und ersetzt ein juristisches Proseminar. Programmauftrag erfüllt.“ Auch in anderen Sendungen wie „extra3“ würden Politiker teils hart kritisiert. (Tsp)